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Jurist: Verfassungsgericht besser vor Demokratiefeinden schützen

Der Verfassungsrechtler Heiko Sauer plädiert für einen besseren Schutz des Bundesverfassungsgerichts vor extremistischer Einflussnahme. Das Bundesverfassungsgericht dürfe nicht zum Spielball von Demokratiefeinden werden, sagte der Bonner Jura-Professor dem Evangelischen Pressedienst (epd) in der Debatte über den Umgang mit der AfD.

Das Grundgesetz sehe zwar vor, dass die Richterinnen und Richter am Bundesverfassungsgericht je zur Hälfte von Bundestag und Bundesrat gewählt werden, sagte der Inhaber des Lehrstuhls für deutsches und europäisches Verfassungs- und Verwaltungsrecht an der Universität Bonn. Viel mehr stehe über die Anzahl und die Wahl der Verfassungsrichter aber nicht drin. Das genauere Verfahren sei dagegen im Bundesverfassungsgerichtsgesetz geregelt. Demnach wählen Bundesrat und Bundestag mit Zweidrittelmehrheit die Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts.

„Hierbei gab es schon immer parteipolitische Absprachen, welche Partei welchen Kandidaten als Wahlvorschlag einbringen kann“, erklärte der Jurist. Das Erfordernis der Zweidrittelmehrheit zwinge die Parteien zu Kompromissen. Extreme Kandidaten, die von einzelnen Parteien favorisiert würden, hätten kaum eine Chance, gewählt zu werden, da sie die erforderliche große Mehrheit nur schwer erreichen könnten.

Dieses im Bundesverfassungsgerichtsgesetz festgelegte Verfahren könne jedoch mit einfacher Mehrheit im Parlament auch wieder geändert werden. „So könnte eine Regierungsmehrheit gesetzlich regeln, dass für die Wahl eines Richters am Bundesverfassungsgericht keine Zweidrittelmehrheit mehr erforderlich ist“, gab Sauer zu bedenken.

„Es gibt gute Gründe, auch im Grundgesetz eine parlamentarische Zweidrittelmehrheit für die Wahl eines Richters am Bundesverfassungsgericht festzuschreiben“, sagte der Verfassungsrechtler. Dazu sei eine Grundgesetzänderung notwendig, die die Ampelkoalition derzeit nur mit der Union durchsetzen könne. „Schwierig wird es dann aber, wenn eine Partei wie etwa die AfD bei einer Bundestagswahl mehr als ein Drittel der Wählerstimmen erhält“. Dann könne sie die Besetzung von Richterstellen blockieren.

Sauer stellte indessen infrage, ob der Schutz des Bundesverfassungsgerichts vor Demokratiefeinden ganz wasserdicht rechtlich geregelt werden könne. Letztlich seien gerade auch die Wählerinnen und Wähler für diesen Schutz verantwortlich. Denn nur sie könnten verhindern, dass Demokratiefeinde in die Parlamente gewählt werden, welche die Arbeit des Bundesverfassungsgerichts erschweren oder gar blockieren können.

Zuletzt hatten die Parlamentarischen Geschäftsführer von SPD und FDP, Johannes Fechner und Stephan Thomae, gefordert,
die Position des Bundesverfassungsgerichts stärker im Grundgesetz zu verankern. In der Verfassung sind bisher nur die Zuständigkeiten des Gerichts geregelt. Befürchtet wird, dass eine Regierung mit AfD-Beteiligung eine Reform der Richterwahl und der Arbeitsweise des Bundesverfassungsgerichts anstreben könnte.