Der jüdische Sportverein Makkabi Deutschland erleidet seit der Terrorattacke der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und dem folgenden Angriff Israels auf Gaza nach eigenen Angaben jede Woche mehrere antisemitische Übergriffe. „Wir werden beschimpft, attackiert und gejagt“, sagte Vereinspräsident Alon Meyer in Frankfurt am Main: So seien Spieler der Fußball-B-Jugend während eines Spiels in Berlin-Neukölln erst beleidigt, dann nach dem Spiel mit Messern gejagt worden. Fast alle Übergriffe gegen Makkabi-Mannschaften gingen von Tätern muslimisch-arabischer Herkunft aus.
Einzelne Makkabi-Vereine haben nach den Worten Meyers nach dem 7. Oktober 2023 den Trainingsbetrieb aus Angst vor Übergriffen eingestellt. Im Fußball dächten Spieler und Zuschauer besonders in den unteren Spielklassen, sie dürften alles an Beschimpfungen und Verwünschungen sagen. Wenn das eine strafrechtliche Konsequenz hätte, wäre die Situation anders, sagte Meyer. Es sei aber nicht einfach, Jugendliche zu einer Anzeige zu bewegen – viele hätten Angst, weil sie damit rechnen müssten, die Gegner wieder zu treffen. Makkabi versuche zunächst, Konflikte im Gespräch mit dem anderen Verein aufzuarbeiten. Das Ziel sei, den Verein für Antisemitismus zu sensibilisieren und den Hass nicht größer werden zu lassen.
Übergriffe: Makkabi scheut Gang zur Staatsanwaltschaft nicht
Wenn das nicht weiterführe, gehe Makkabi den Gang zur Sportgerichtsbarkeit und als letzten Schritt zur Staatsanwaltschaft. Manche muslimische Eltern seien verunsichert, ob ihre Kinder weiter bei Makkabi Sport treiben dürften. Einige wenige hörten aufgrund der Übergriffe auf, trotzdem wachse die Zahl der Mitglieder von Makkabi. Der Verein, der viele Sportarten anbietet, hat nach Meyers Angaben in Frankfurt rund 5.000 Mitglieder, deutschlandweit rund 10.000. Sie stammen aus vielen Nationen und Religionen.
Die Übergriffe reichten von Beleidigungen, Bedrohungen, Diebstählen bis zu Gewalttaten, sagte der Makkabi-Projektleiter Luis Engelhardt. Der Verein biete seit 2020 mit dem Projekt „zusammen 1“ Workshops an für andere Vereine, Mannschaften, Schiedsrichter und Sportgerichte, um zu Antisemitismus und Rassismus zu sensibilisieren. In den vergangenen vier Jahren habe es rund 600 Maßnahmen mit mehr als 17.000 Teilnehmern gegeben. So hätten etwa die Profifußballer vom 1. FC Nürnberg oder die U21-Fußballnationalmannschaft an Workshops teilgenommen. Der vor 16 Monaten in Zusammenarbeit mit der Meldestelle RIAS eingeführte „Meldebutton“ für judenfeindliche Vorfälle sei inzwischen von 25 Sportvereinen auf ihrer Website eingebunden worden, insgesamt 70 Vereine und Verbände wollten dies tun, ergänzte Engelhardt.
Justizminister: “Jüdisches Leben ist stärker bedroht”
„Seit dem 7. Oktober 2023 ist jüdisches Leben in Hessen und Deutschland nicht mehr wie zuvor“, sagte der hessische Justizminister Christian Heinz (CDU). „Jüdisches Leben ist stärker bedroht.“ In Hessen und in Deutschland habe es einen sprunghaften Anstieg von antisemitischen Straftaten bei Demonstrationen oder im Alltag gegeben. Zu viele Menschen und auch Behörden würden bei Auseinandersetzungen die Triebfeder des Antisemitismus nicht erkennen. „Um Antisemitismus muss man sich immer kümmern, er ist eine Attacke auf unser friedliches Zusammenleben“, betonte Heinz. Die Justiz werde noch mehr dafür sensibilisiert. „Das Ziel ist, dass überall in Frankfurt jemand eine Jacke mit dem Davidstern tragen könnte.“