Die Corona-Pandemie wirkt bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland noch immer nach. Dass Sorgen und Belastungen unter Schülern dabei auch von der sozialen Herkunft abhängen, zeigt das neue “Schulbarometer”.
Kriege, Krisen, Leistungsdruck, Zukunftsängste: Das Wohlbefinden vieler Schüler in Deutschland hat noch nicht wieder das Niveau aus der Zeit vor der Corona-Pandemie erreicht. Jeder Fünfte beschreibt sich laut einer neuen Umfrage selbst als psychisch belastet (21 Prozent). Unter Schülerinnen und Schülern aus ärmeren Familien tut dies sogar jeder oder jede Dritte (33 Prozent). Das geht aus dem am Mittwoch veröffentlichten “Deutschen Schulbarometer” der Robert Bosch Stiftung hervor.
Ebenfalls jeder Fünfte klagt laut der Befragung über ein geringes schulisches Wohlbefinden (20 Prozent). Unter den Kindern und Jugendlichen aus Familien mit niedrigem Einkommen tut dies wiederum fast jeder Dritte (30 Prozent). Zugleich bewertet rund jeder vierte Schüler die eigene Lebensqualität als niedrig (27 Prozent).
Für die den Angaben zufolge repräsentative Studie wurden im April und Mai 1.530 Kinder und Jugendliche im Alter von 8 bis 17 Jahren sowie jeweils ein Elternteil befragt. Kooperationspartner ist die Universität Leipzig.
Weltweit lasse sich ein Anstieg psychischer Belastungen von Kindern und Jugendlichen nach der Pandemie feststellen, erklärte der wissenschaftliche Projektleiter der Studie von der Universität Leipzig, Julian Schmitz. Das sei auch gesellschaftlich ein Thema, da psychische Erkrankungen in Deutschland der Hauptgrund für Arbeitsunfähigkeit seien und drei Viertel aller psychischen Erkrankungen bis zum 24. Lebensjahr begännen. Deutschland sei zudem stärker belastet aus der Pandemie herausgekommen als andere Länder.
Der Schülervertreter und Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz, Fabian Schön, nannte die Ergebnisse schockierend. Weil viele Schülerinnen und Schüler über Leistungsdruck klagten, forderte er einen anderen Leistungsgedanken an Schulen. Noten allein seien nicht aussagekräftig genug und sollten so spät wie möglich erteilt werden. Stattdessen brauche es mehr individuelles Feedback und Zeugnisse mit Beurteilungen in Textform. Für psychisch erkrankte Schüler müsse es Anlaufstellen in den Schulen geben. Auch müssten Schulen eine Atmosphäre bieten, in der man sich wohlfühle. Dazu gehörten auch bauliche Veränderungen.
Ein Schwerpunkt der Studie lag auf dem Zusammenhang zwischen Unterricht und psychischer Gesundheit. Demnach sind die konstruktive Unterstützung durch Lehrkräfte und eine gute Klassenführung zentral für das schulische Wohlbefinden der Schülerinnen und Schüler. Laut Umfrage klagen jedoch 83 Prozent über häufige Unterrichtsstörungen und 41 Prozent geben an, dass die Mehrheit der Lehrkräfte nicht nachfrage, was man schon verstanden habe und was noch nicht.
37 Prozent der Befragten sagen, sie erhielten häufig keine Rückmeldung, was sie noch lernen müssten. Ein Drittel (35 Prozent) hat nach eigenen Angaben zudem nur selten die Möglichkeit, Probleme im Klassenverbund mit der Lehrkraft zu besprechen.
Schülerinnen und Schüler brauchen kontinuierliche und regelmäßige Rückmeldungen, sagte die Leiterin des Bildungsbereichs der Robert Bosch Stiftung, Dagmar Wolf. Nötig sei eine individuelle Förderkultur. Häufigere Nachfragen von Lehrkräften bei Schülern und regelmäßige Klassenleitungsstunden seien darüber hinaus schnell umzusetzende Schritte, um das Wohlbefinden zu steigern. Dazu müssten aber auch die Rahmenbedingungen stimmen, damit Lehrkräfte sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren könnten.