Die Beziehungen zwischen Israel und dem Vatikan sind angespannt. Wie sehr, zeigt sich in einer Nachricht, die die israelische Botschaft am Heiligen Stuhl über den Kurznachrichtendienst X (vormals Twitter) veröffentlichte. Darin stellt sie klar, dass in einer Pressemitteilung vom Mittwoch, die ursprünglich auf Englisch veröffentlicht worden war, bei der Übersetzung ins Italienische ein Wort nicht ganz präzise gewählt wurde. Aus „regrettable“ (bedauerlich) wurde zunächst „deplorevole“, was sowohl mit „bedauerlich“ als auch mit „jämmerlich“ übersetzt werden kann.
So oder so, der Inhalt der Mitteilung bleibt: Darin beschwert sich der israelische Botschafter am Heiligen Stuhl, Raphael Schutz, über Aussagen des Vatikanischen Staatssekretärs Kardinal Pietro Parolin. Das vom Kardinal gefällte Urteil sei eben dies: „bedauerlich“.
Gazastreifen: Vatikan spricht von “Blutbad”
Was war geschehen? Der Heilige Stuhl habe von Anfang des Krieges an die Geschehnisse des 7. Oktober 2023 „vorbehaltlos“ verurteilt, hatte Parolin am Rande einer Veranstaltung der italienischen Botschaft beim Heiligen Stuhl gesagt. Er sagte weiter: „Gleichzeitig fordere ich aber auch, dass das Recht auf Verteidigung Israels, das zur Rechtfertigung dieser Operation angeführt wurde, verhältnismäßig sein muss, und das ist es bei 30.000 Toten sicherlich nicht.“ Die Angriffe Israels auf den Gazastreifen nannte Parolin ein „Blutbad“.
Mit dem Finger auf Israel zu zeigen, „ohne das Gesamtbild zu berücksichtigen“, führe zu einer falschen Schlussfolgerung und zur Beurteilung der Legitimität eines Krieges „ohne Berücksichtigung aller relevanten Umstände und Daten“, lautete die Antwort von Botschafter Schutz. Wer nach einem Verantwortlichen für den Tod und die Zerstörung in Gaza suche, könne an die Tür „der Hamas und nur der Hamas“ klopfen.
Der Schlagabtausch dieser Woche hat eine neue Dimension im Zwist zwischen dem Heiligen Stuhl und Israel beziehungsweise zwischen dem Papst und der jüdischen Gemeinschaft erreicht. Seit dem Terror-Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober bemüht sich Franziskus, in seinen Statements und Handlungen sowohl den Opfern auf israelischer als auch jenen auf palästinensischer Seite gerecht zu werden. In den vergangenen Monaten gab es auf jüdischer Seite aber immer wieder Verstimmungen über Aussagen aus dem Vatikan.
Papst: “Das ist kein Krieg mehr”
Zunächst stand der Wunsch nach klareren Worten angesichts der Tötung von etwa 1200 Juden und der Verschleppung von 250 weiteren. Franziskus drückte zwar direkt seinen „Schmerz“ über die Geschehnisse aus. Doch viele hatten mehr erwartet. Die erste offene Konfrontation trat zutage, als der Papst am 22. November getrennt voneinander mit Angehörigen israelischer Geiseln und Angehörigen von Palästinensern aus Gaza zusammenkam. „Ich habe gehört, wie beide Seiten leiden“, sagte Franziskus am Ende der Generalaudienz, während derer er von diesen Begegnungen berichtete. „Hier sind wir über den Krieg hinausgegangen. Das ist kein Krieg mehr, das ist Terrorismus“, fügte der Papst hinzu. Die Vereinigung der Rabbiner in Italien warf ihm daraufhin vor, beide Seiten des Terrorismus beschuldigt zu haben.
Zusätzlich schwebt seitdem ein nie aufgeklärter Vorwurf im Raum: Franziskus soll beim Treffen mit den Palästinensern in Bezug auf die Situation in Gaza das Wort „Genozid“ benutzt haben, wie Teile der Delegation hinterher berichten. Der Vatikan dementiert das. Die Presse war bei dem Termin nicht zugelassen.
Papst schweigt wochenlang
Nach wochenlangem Schweigen antwortete Franziskus am 2. Februar mit einem Brief an die jüdische Bevölkerung Israels auf die Vorwürfe. „Ich möchte, dass ihr wisst, dass ihr meinem Herzen und dem Herzen der Kirche nahe seid“, schrieb er. Der Krieg in Israel habe weltweit „eine Haltung der Spaltung hervorgerufen, die manchmal zu Formen von Antisemitismus und Antijudaismus führt“, erklärte der Papst und betonte: „Die Beziehung, die uns mit euch verbindet, ist besonders und einzigartig, ohne natürlich jemals die Beziehung der Kirche zu den anderen und die Verpflichtung ihnen gegenüber zu verdunkeln.“
Ein wichtiger Schritt. Doch die Äußerungen des Kardinalstaatssekretärs Parolin reißen die gerade erst provisorisch zusammengetackerten Wunden wieder auf.