Die nach ihrer Festnahme durch die Sittenpolizei in Teheran gestorbene Jina Mahsa Amini ist mit breitem Rückhalt für den diesjährigen Sacharow-Preis des EU-Parlaments vorgeschlagen worden. Die Gruppe der Christdemokraten, der Sozialdemokraten und der Liberalen unterstützte die posthume Nominierung der 22-Jährigen, deren Tod vor einem Jahr landesweite Proteste im Iran auslöste. Das Regime schlug die Kundgebungen brutal nieder.
Ebenfalls am Mittwoch gedachte der Bundestag der vor einem Jahr gestorbenen Iranerin. Amini – damals 22 Jahre alt – war am 16. September unter ungeklärten Umständen in Polizeigewahrsam gestorben, nachdem sie wegen Verstoßes gegen die Kopftuchpflicht festgenommen worden war.
Die Grünen-Abgeordnete Agnieszka Brugger erklärte, sie habe hohen Respekt vor dem “ungebrochenen Mut derjenigen, die dem Terrorstaat trotzen”. Vor diesem Mut könne man sich nur zutiefst verneigen. Deutschland habe mitgeholfen, Sanktionspakete der EU auf den Weg zu bringen und Menschenrechtsverletzungen anzuprangern, so Brugger.
Der SPD-Abgeordnete Nils Schmidt betonte, die Unterstützung der Zivilgesellschaft habe Fahrt aufgenommen. Zugleich betonte er, Gesprächskanäle zum Iran müssten offen gehalten werden, auch um unschuldige Menschen aus den Gefängnissen zu bekommen.
Kandidatin der Grünen für den Sacharow-Preis ist die junge ugandische Klimaaktivistin Vanessa Nakate, wie das EU-Parlament (Mittwoch) in Brüssel mitteilte. Zu den weiteren Vorschlägen gehören die Juristin Vilma Nunez de Escorcia und der katholische Bischof Rolando Jose Alvarez Lagos, die sich in Nicaragua gegen das autoritäre Ortega-Regime für Menschenrechte einsetzen. Sie wurden von 43 Einzelabgeordneten nominiert.
Die Gruppe der Linken im EU-Parlament schlug drei Frauen vor, die sich für sichere und legale Abtreibungen einsetzen: Justyna Wydrzynska in Polen, Morena Herrera in El Salvador und Colleen McNichols in den USA.
Aus diesen und weiteren Namen wird nun eine Dreierliste ermittelt. Wer die Auszeichnung erhält, entscheiden Parlamentspräsidentin Roberta Metsola und die Fraktionsvorsitzenden im Oktober. Die Verleihungszeremonie findet Mitte Dezember in Straßburg statt.
Der Sacharow-Preis für geistige Freiheit wird seit 1988 vom EU-Parlament an Persönlichkeiten und Institutionen vergeben, die sich besonders für Menschenrechte und Minderheitenschutz, Achtung des Völkerrechts und geistige Freiheit einsetzen. Benannt ist die mit 50.000 Euro dotierte Auszeichnung nach dem sowjetischen Physiker und Friedensnobelpreisträger Andrej Sacharow (1921-1989).
Im Bundestag kritisierten unterdessen Abgeordnete der Oppositionsfraktionen die Iran-Politik der Bundesregierung. Iraner und Iranerinnen fühlten sich vergessen und die auf den Weg gebrachten Sanktionen hätten keine Konsequenzen, so der Unions-Abgeordnete Norbert Röttgen (CDU). Er forderte die Regierung dazu auf, sich dafür einzusetzen, dass die Iranische Revolutionsgarde auf die EU-Terrorliste gesetzt wird.