Greifswald. Raus in die große weite Welt des Internets geht es nun für viele dicke alte Kirchenbücher aus pommerschen Gemeinden. Was Jahrhunderte zwischen Buchdeckeln bewahrt und nur wenigen zugänglich war, kann dann praktisch jeder von überall lesen: Wer 1546 in Anklam getauft wurde zum Beispiel, wie ein besonders altes Kirchenbuch der St.-Marien-Gemeinde preisgibt. „Kirchenbücher sind wahre Schätze“, sagt Kirchenkreisarchivarin Jana Holzberg aus dem Regionalzentrum in Greifswald.
Es gilt, sie zu bewahren. Dass ihre Inhalte gleichzeitig Forschenden zur Verfügung stehen, macht das von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) betriebene Kirchenbuchportal „Archion“ im Internet möglich. Rund 110.000 Kirchenbücher aus der gesamten Bundesrepublik sind dort bereits zu finden, darunter auch die meisten mecklenburgischen, wie Johann Peter Wurm vom Landeskirchlichen Archiv in Schwerin erklärt. Ein Vorsprung, der entstand, weil die mecklenburgischen Kirchenbücher schon viel länger zentral archiviert werden als die pommerschen und seit den 1950er-Jahren einzeln abfotografiert wurden. Diese „Digitalisate“ müssen „nur noch“ für das Hochladen auf der Internetplattform vorbereitet werden. „Wir sind inzwischen beim Buchstaben ‚M‘“, so Wurm.
Kirchenkreisrat wird aktiv
Die Pommern ziehen nun nach. Seit den 1990ern entstehen sogenannte Sicherungsverfilmungen der Kirchenbücher – für die Langzeitarchivierung und damit sie digital verwertet ins „Archion“-Portal kommen können. Für die bereits vorliegenden Digitalisate ist es nun so weit: Der Kirchenkreisrat hat kürzlich beschlossen, dass alles, was schon durch das Kirchenkreisarchiv oder das Landeskirchliche Archiv der Nordkirche erstellt wurde, ans Portal überspielt wird. „Vorausgesetzt, dass die betreffende Kirchengemeinde zustimmt“, wie Pressesprecher Sebastian Kühl erklärt.
Die Digitalisierung geht unterdessen weiter: Zurzeit sind die Anfang der 2000er-Jahre verfilmten Kirchenbücher dran. Im Greifswalder Kirchenkreisarchiv befasst sich Archivarin Jana Holzberg damit. Die Bücher aus 150 Kirchengemeinden lagern hier, mehrere Tausend Exemplare müssen Seite für Seite in verwertbare Form gebracht werden. Fingerspitzengefühl ist gefragt, aber wohl auch eine gewisse Leidenschaft.
Fast 400 Jahre alt
„Die ältesten Kirchenbücher sind fast 400 Jahre alt, sie beginnen zum Ende des Dreißigjährigen Krieges“, berichtet Jana Holzberg begeistert. Kirchliche Amtshandlungen seien eingetragen, also Taufen, Konfirmationen, Trauungen, Bestattungen. Aber auch die Herkunft eines Brautpaars, der Beruf oder Stand des Vaters eines Täuflings, sogar die Taufpaten oder bei einer Beerdigung die Todesursache. Interessante Informationen für Historiker und Familienforscher. „Oft findet man auch Randvermerke zur besonderen Situation in der Gemeinde wie etwa Kriegsjahre oder Dürren.“
Rund 60 Prozent der pommerschen Kirchenbücher werden digital. Bis sie auf „Archion“ verfügbar sind, können die bereits digitalisierten Exemplare im Kirchenkreisarchiv Greifswald nach Anmeldung eingesehen werden.