Am Puls der Zeit bleiben – das ist für ein Geschichts-Museum unerlässlich. Deshalb plant das Bonner Haus der Geschichte eine Runderneuerung. Im September wird die Dauerausstellung geschlossen.
Eines der meist besuchten Museen in Deutschland will sich neu erfinden. Das 1994 von Bundeskanzler Helmut Kohl eröffnete “Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland” in Bonn schließt am 15. September seine Dauerausstellung und gestaltet sie komplett um. Anfang Dezember 2025 soll die Neueröffnung gefeiert werden. Beim Bonner Museumsmeilenfest am kommenden Wochenende (22./23. Juni) lädt das Museum unter dem Titel “Tschüss Dauerausstellung” noch einmal zum Besuch ein.
4.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche, mehr als 22,6 Millionen Besucher, 14 Millionen allein in der Dauerausstellung: Seit 30 Jahren verknüpft das Museum an der Bonner Museumsmeile Politik- mit Alltagsgeschichte. Ein sowjetischer Panzer von 1953, der Adenauer-Mercedes oder der Bauch eines Rosinenbombers aus der Zeit der Berliner Luftbrücke machen Geschichte plastisch erlebbar.
Bereits 2017 haben die Museumsmacher die Ausstellung aktualisiert und internationaler und emotionaler gestaltet. Ein rostiger Stahlträger aus den Ruinen des World Trade Centers symbolisiert die Zeitenwende, die die Anschläge des 11. September 2001 bedeuten. Am Ende steht ein Boot, mit dem Schleuser Flüchtlinge aus Afrika nach Europa brachten. Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hatte es nach Deutschland geholt, um für die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen zu werben.
Jetzt ist eine Runderneuerung angesagt: Während die Bundesrepublik ihren 75. Geburtstag und 75 Jahre Grundgesetz feiert, wird die museale Erinnerung in Bonn neu sortiert und mit neuen Schwerpunkten versehen. “Die Neuausrichtung der Dauerausstellung ist eine Herausforderung, die sich in jeder Generation nur einmal stellt”, sagt Harald Biermann, Präsident der Stiftung Haus der Geschichte, im Gespräch mit dem Bonner “General-Anzeiger”. “Dafür haben wir 25 Millionen Euro Sondermittel bekommen, elf Millionen allein für den Bau.”
Doch zunächst muss ausgeräumt werden: Beinahe alle 7.000 Objekte werden im Depot eingelagert. Anschließend werden alle Einbauten herausgerissen und die Infrastruktur erneuert. Dennoch soll das Museum nicht leer stehen: Ab September befasst sich eine neue Wechselausstellung damit, wie die Deutschen sich nach 1945 mit dem Nationalsozialismus auseinandergesetzt haben. Außerdem soll es täglich Führungen durch das Depot geben, berichtet Pressesprecherin Petra Rösgen.
Inhaltlich soll die neue Ausstellung der jüngeren Vergangenheit mehr Raum geben: “Wir hatten das Problem, dass die Jahre 1945 bis 1949 in der Ausstellung genauso viel Platz besetzt haben wie die letzten 30 Jahre”, erläutert Biermann die Pläne. “Wir werden die Ausstellung so gliedern, dass die Zeit nach der Wiedervereinigung genauso viel Zeit einnimmt wie die Zeit vor der Wiedervereinigung.” Inhaltlich geht es etwa um Globalisierung, Migration, Digitalisierung oder die Klimakrise
Geplant ist laut Pressesprecherin außerdem ein ganz neuer Bereich unter der Überschrift “Heute” – eine Art Labor, eine Reflexionsfläche. Dort will das Museum auf rund 200 Quadratmetern aktuelle Themen aufgreifen und neueste Objekte präsentieren. Und im Entree der Dauerausstellung soll eine LED-Wand platziert werden, die die Silhouetten der Besucher in historische Fotos projiziert – mit der Aussage “Du bist Teil der Geschichte”.
Die Museumsmacher wollen auch auf die veränderten Sehgewohnheiten junger Leute reagieren. Die Zahl der Ausstellungsobjekte wird auf 4.000 verringert; es gibt mehr mediale und mehr Mitmach-Elemente. Auch die Laufrichtung soll sich ändern: Besucher betreten die Ausstellung nicht mehr von unten, sondern gehen von oben hinein. Dadurch sollen Sichtachsen auf die gesamte Ausstellung geöffnet werden.