Paarhufer müssen leider draußen bleiben – Wegen der Maul- und Klauenseuche in Brandenburg findet die Agrarmesse Grüne Woche in diesem Jahr ohne Kühe und Schafe statt. Nicht das Einzige, was die Stimmung trübt.
Massige Bullen, wollige Schafe, putzige Alpakas – Die große Artenvielfalt in den Ställen der Tierhalle ist jedes Jahr ein Höhepunkt der Grünen Woche. Doch bei ihrer 89. Ausgabe in diesem Jahr muss die am Freitag in Berlin gestartete Agrarmesse ohne das große Vieh-Spektakel auskommen. Denn Paarhufer dürfen gar nicht erst mitgebracht werden. Grund dafür ist ein gemeldeter Fall der Maul- und Klauenseuche (MKS) in einer Herde Wasserbüffel auf einem Hof in Brandenburg. Die Viruserkrankung ist hoch ansteckend, sehr widerstandsfähig und endet insbesondere bei Rindern oft tödlich. Infizierte Viehbestände werden deswegen vorsorglich gekeult.
In Deutschland ist es seit 1988 der erste gemeldete MKS-Fall. Wie das Virus nun wieder aufgekommen ist, können Wissenschaftler noch nicht ergründen. Klar ist aber, dass der Landwirtschaft ein wirtschaftlicher Schaden droht. Der Raiffeisenverband spricht bereits jetzt von einem Umsatzverlust in Milliardenhöhe entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Grund dafür sei, dass Länder außerhalb der EU wie Südkorea, Mexiko und Großbritannien die Einfuhr von Fleisch- und Milchprodukten aus Deutschland auf Grund des Virus gestoppt haben.
Für die Zeit der Messe bis zum 26. Januar haben die Träger der Grünen Woche, der Deutsche Bauernverband und die Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie, zwar für Ersatz gesorgt: So setzen sie auf mehr Pferde in der großen Tierhalle; sie sind in der Regel kaum anfällig für das Virus.
Dennoch trübt der Ausbruch neben der Messe auch die generelle Aussicht auf eine Besserung der Situation der Landwirte. Denn die Zufriedenheit der Branche mit der scheidenden Ampelregierung ist am Boden. “Was es jetzt braucht, ist ein echter Politikwechsel und ein grundsätzlicher Neustart”, sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied zur Eröffnung der Grünen Woche. Die kommende Bundesregierung müsse den Landwirten mehr zuhören und “an den großen Stellschrauben drehen”, um aus dem Krisenmodus hinauszukommen.
Dabei sind natürlich Krisen wie der Krieg in der Ukraine oder nun eben der MKS-Ausbruch kaum planbare Faktoren. Doch ferner wird der scheidenden Bundesregierung vorgehalten, in der eigenen Agrarpolitik Chancen nicht genutzt zu haben. Dabei geht es vor allem um die breite Missachtung der Empfehlungen von Borchert-Kommission und Zukunftskommission Landwirtschaft durch das Grün-geführte Bundesagrarministeriums. Beide Arbeitsgruppen, besetzt mit Interessenvertretern aus Landwirtschaft, Umweltschutz und Wissenschaft, tagten über Jahre, um zu einem tragfähigen Konsens für die so dringend angemahnte Agrarwende zu kommen.
Umgesetzt wurde von den Empfehlungen bislang nichts. Bei Kommissionsmitgliedern wie dem Bundesvorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft (AbL), Martin Schulz, sorgt das auch für Frust. “Man sollte sich Gedanken machen, ob das ein guter Politikstil ist, eine Arbeitsgruppe ehrenamtlich über Jahre arbeiten zu lassen und deren Empfehlungen dann einfach zu ignorieren.”
Die umgangssprachliche Flinte ins Korn werfen wolle er deshalb aber noch nicht. “Der gesellschaftskonforme Umbau der Tierhaltung ist ein langer Prozess”, weiß Schulz. Von 2019 bis zur Niederlegung ihrer Arbeit 2023 gehörte der niedersächsische Schweinebauer der Borchert-Kommission an, hat die zähen Verhandlungen und Entscheidungsfindung also aus erster Reihe miterlebt. “Veränderungen in der Politik brauchen ihre Zeit.”
Mit Blick auf die kommende Bundesregierung verweisen Praktiker wie der AbL-Chef oder auch der Bauernpräsident fast mantraartig auf die zentrale Forderung: Planungssicherheit. Emissionswerte in der Tierhaltung, Dünge- und Bauverordnungen: Zu viele Bestimmungen stünden noch in der Diskussion, seien unausgereift, so Schulz. “Für die Betriebe ist es deshalb schwer einzuschätzen, wo es die kommenden Jahre hingeht. Wer aber beispielsweise einen neuen Stall baut, der muss auf mindestens 20 Jahre damit planen können.”