Manche Veranstaltungen sind ein Dauerbrenner. Leider. Ihre Notwendigkeit ist so aktuell wie eh und je. Seit 1986 findet jedes Jahr das Asylpolitische Forum an der Evangelischen Akademie statt, früher in Iserlohn, jetzt in Villigst – eine offene Fachtagung mit vielen Kooperationspartnern und noch mehr Beteiligten. Das Thema Asyl ist in all diesen Jahren aktuell geblieben. Dass 2015 die Entwicklung eine solche Wucht entfalten würde, war bei der Planung der Tagung noch nicht abzusehen. Dennoch traf das Thema „Kinder- und Menschenrechte zur Disposition? Viele Flüchtlinge – wenig Schutz“ genau ins Schwarze.
In Zusammenarbeit mit dem Flüchtlingsrat NRW, Amnesty International, Pro Asyl, der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe und der Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche war die Tagung geplant worden. Noch nie haben so viele mitgewirkt und sich angemeldet: 120 Teilnehmende waren gekommen, 25 Mitwirkende gestalteten die Wochenendtagung durch einen Vortrag, eine Podiumsbeteiligung oder Arbeitsgruppenleitung mit.
Der Blick auf die EU-Außengrenzen, an denen die europäischen Werte sterben, Neuerungen im Flüchtlingsrecht, die Diskussion über Kirchenasyl, der Umgang mit rassistischen Anfeindungen, das waren nur einige der Themen, die auch einer Standortbestimmung der Flüchtlingsarbeit dienten. Diese ist 2015 erheblich gewachsen und hat vielerorts neue Formen und vor allem zahlreiche neue Beteiligte gefunden. Der große Arbeitsanfall hat auch zu vorher seltenen Kooperationen geführt. So arbeiten staatliche Behörden eng mit Netzwerken von Ehrenamtlichen zusammen, politische Organisationen kooperieren mit kirchlichen Einrichtungen.
Ob von einem Paradigmenwechsel der Flüchtlingspolitik in NRW zu sprechen sei, wurde auf einem Podium diskutiert, an dem Carola Holzberg (Ministerium für Inneres und Kommunales), Anton Rütten (Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales), Dietrich Eckeberg (Diakonie RWL) und Birgit Naujoks (Flüchtlingsrat NRW) teilnahmen. In vielen Bereichen herrschte fast Einigkeit, selbst die kontrovers vorgebrachte Kritik wurde produktiv aufgenommen. Die große Aufgabe, vor der alle stehen, wirkt verbindend.
Mit Thomas Krützberg, Beigeordneter der Stadt Duisburg für Familie, Bildung und Kultur, führten Volker Maria Hügel (Pro Asyl, Münster) und Dietrich Eckeberg (Diakonie RWL) ein lebendiges Gespräch über die Umsetzung von Kinderrechten für junge Flüchtlinge. Es wurde deutlich, dass außer den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen auch die im Familienverband lebenden stärker in den Blick genommen werden müssen. Nelli Foumba Soumaro vom Verein „Jugendliche ohne Grenzen“ bot Kooperation an.
Das ist sicher auch ein Fazit des gesamten Asylpolitischen Forums: Kritik und Wachsamkeit öffnen die Türen für eine Zusammenarbeit auf vielen Ebenen. Die Rufer in der Wüste sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen und versuchen doch, ihre unabhängige Perspektive zu wahren. Auch dazu wird es das Forum weiter geben, wahrscheinlich noch lange, sicher aber wieder 2016.
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Große Aufgaben verbinden
Beim Asylpolitischen Forum 2015 diskutierten rund 120 Teilnehmende in Haus Villigst über Kirchenasyl, EU-Außengrenzen und Kinderrechte für junge Flüchtlinge