Am 6. März 1900 starb der Erfinder Gottlieb Daimler. Auf seinem Grabmal finden sich biblische Psalmen. Mercedes-Benz zelebriert die Anfänge des Automobils im Museum – und will einen historischen Wagen wieder flottmachen.
Fast sieht es so aus, als wäre Gottlieb Daimler nur kurz rausgegangen. Werkzeuge liegen noch auf der Werkbank verstreut. Hier in dieser Versuchswerkstatt arbeitete der Ingenieur in den 1880er Jahren zusammen mit seinem Kompagnon Wilhelm Maybach an seiner Vision: ein Motor, allein durch Benzin betrieben, einbaubar in alle denkbaren Fahrzeuge – zu Lande, zu Wasser und in der Luft.
Gottlieb Daimler ließ dafür ein Gartenhaus auf seinem Anwesen in Canstatt – dem heutigen Stuttgarter Stadtteil Bad Cannstatt – ausbauen. Hier machte er zusammen mit Maybach die ersten Versuche für den Verbrennungsmotor. Die Werkstatt im Gartenhaus ist heute zur Gottlieb-Daimler-Gedächtnisstätte geworden. Vor allem am Wochenende kommen mehrere hundert Besucher, wie die Aufsicht des kleinen Museums berichtet.
Gottlieb Daimler starb vor 125 Jahren am 6. März 1900 in Cannstatt im Alter von 65 Jahren. Der Erfinder und Konstrukteur entwickelte zusammen mit Maybach den ersten schnelllaufenden Ottomotor und weltweit das erste vierrädrige Kraftfahrzeug mit Verbrennungsmotor. Heute ist die “Daimler Motorkutsche” von 1886 als verkleinertes Modell in der früheren Werkstatt zu sehen und in Originalgröße in der achten Etage des gigantischen Mercedes-Benz Museums in der Mercedesstraße 100 in Stuttgart. Dort wird “die Erfindung des Automobils” raumgreifend auf einer Leuchtfläche zelebriert.
Doch sind seitens des Mercedes-Benz Museums oder seitens der Gedächtnisstätte anlässlich des 125. Todestages Veranstaltungen geplant? “Als Mercedes-Benz Heritage GmbH ist es uns wichtig, das Erbe unserer Automobilpioniere lebendig zu halten”, erklärte die zuständige Sprecherin Friederike Valet auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Stuttgart.
“Unsere Kolleginnen und Kollegen der Werkstatt von Mercedes-Benz Classic arbeiten gerade daran, den Nachbau des ‘Reitwagens’ von 1885 wieder lauffähig zu machen”. Gottlieb Daimler hatte seinen kleinen schnelllaufenden Motor erstmals in einem Fahrzeug – einer Art Motorrad – auf der Strecke Cannstatt-Untertürkheim vor 140 Jahren getestet. Der Plan für 2025 sei nun, einen Nachbau dieses “Reitwagens” beim markenoffenen Klassikertreffen “Classics and Coffee” am Mercedes-Benz Museum am 31. August “fahrend vorzuführen”.
Daimlers Grab liegt auf dem Uff-Kirchhof in Stuttgart-Bad Cannstatt. Unter dem Namen “Gottfried Daimler – Ingenieur u. Kommerzienrath” sowie dem Geburts- und Sterbedatum ist auf dem mit einem großen Kreuz versehenen Grabmal zu lesen: Psalm 37,6. Wer im Alten Testament der Bibel nachschlägt, findet die Worte: “Er lässt deine Gerechtigkeit aufgehen wie das Licht, dein Recht wie die Helle des Mittags.”
Und auf dem Sockel des Grabsteins steht mit der damals gebräuchlichen Rechtschreibung: “Die mit Thränen säen werden mit Freuden ernten”, also der Psalm 126,6. An dem Grab – so die Verantwortlichen des Mercedes-Benz Museums – soll zum 125. Todestag Gottlieb Daimlers ein Kranz niedergelegt werden. Auch Daimlers 1889 gestorbene erste Ehefrau Emma ist dort bestattet.
Wer per U-Bahn zur Gedächtnisstätte fährt, kommt auch an der Haltestelle “Daimlerplatz” vorbei. In dem in einem Park gelegenen Gartenhaus arbeiteten Daimler und Maybach unter Geheimhaltung – sie wollten schließlich der Konkurrenz zuvorkommen. Alles lief offenbar so konspirativ ab, dass der für die Parkanlage zuständige Gärtner misstrauisch einem Polizeiwachtmeister berichtete, dass im Gartenhaus vermutlich Falschgeld hergestellt würde. Doch die Polizei fand statt einer Münzpresse nur Werkzeug und Motorenteile – der Entwicklung des ersten schnelllaufenden Motors im “Gewächshaus” im Jahr 1883 stand nichts mehr im Wege.
Am Ende des 19. Jahrhunderts waren Gottlieb Daimler (1834-1900) und Carl Benz (1844-1929) die Pioniere des Automobilbaus. Jeweils nach Tätigkeiten in anderen Unternehmen entwickelten die beiden Ingenieure, die sich in ihrem Leben nie persönlich getroffen haben, in Cannstatt sowie in Mannheim 1886 zeitgleich die ersten Automobile der Welt.
Doch was würde Gottlieb Daimler heute tun? Würde er weiter auf den Verbrenner setzen, auf Elektroautos oder auf ganz neue Lösungen? Museums-Sprecherin Valet sagt hierzu: “Als Visionär und Ingenieur war Gottlieb Daimler der festen Überzeugung, dass sich die Welt mit Technik verändern lässt.” Der Erfinder würde heute unverändert “Lösungen für morgen suchen”.