DORTMUND – Die Show ist fast perfekt, die da in der Dortmunder Westfalenhalle beim Willow Creek-Leitungskongress inszeniert wird: Jede Menge hochwertige Multimedia-Technik. Gleißende Lichteffekte. Eine gut ausgesteuerte Lobpreis-Band mit wummernden Bässen. Riesige Leinwände, auf denen die Rednerinnen und Redner von jedem Platz aus zu verfolgen sind. Die Übersetzungen für die amerikanischen Referenten, die direkt in deren Auftritte einfließen, flüssig wie ein gut einstudiertes Theaterstück.
Auftritt Bill Hybels. Der 66-jährige Pastor ist Gründer der Willow Creek-Gemeinde bei Chicago, einer sogenannten Mega-Kirche. Seit rund 20 Jahren schon hat das Gemeindeaufbau-Konzept von „Willow“, wie es bei den Fans heißt, auch in Deutschland viele Anhänger gefunden. Alle zwei Jahre treffen sie sich zum „Leitungskongress“, um von Führungspersönlichkeiten aus Kirche und Wirtschaft Impulse zum Thema Gemeindeleitung zu bekommen.
Bill Hybels also. Ihm gehört der letzte Vortrag des diesjährigen Leitungskongresses, der von rund 12 000 Menschen live in Dortmund und an sechs Live-Übertragungsorten verfolgt wurde. „Führen in unsicheren Zeiten“, so war er im Programm angekündigt worden. Hybels selbst stellte jedoch eine andere Frage an den Beginn seines Auftritts – eine Frage, die Gott selbst ihm am Abend zuvor gestellt habe, wie er erzählte: „Bill – was würde diesen Kongress zu einem wirklich perfekten Treffen machen?“
Fünf Punkte habe er dann noch in der Nacht gesammelt, so Hybels, die den Kongress in seinen Augen perfekt machen würden. Erstens: Wenn alle 12 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer den Satz „Ich bin das geliebte Kind des allerhöchsten Gottes“ für sich selbst annehmen würden. Zweitens: Wenn alle ihre übernatürlichen geistlichen Gaben und Talente erkennen und sie, statt Zuschauer zu bleiben, in die Tat umsetzen würden.
Fünf Punkte für einen perfekten Kongress
Drittens: Wenn alle ihrer „heiligen Unzufriedenheit“ folgen und sich an konkreten Stellen für Verbesserungen einsetzen würden. Als seinen persönlichen Unzufriedenheits-Bereich nannte Hybels „disfunktionale Gottesdienste“, also solche mit schlechter Predigt, schlechter Musik, schlechter Performance. „Ich tue alles, was in meiner Macht steht, um das zu verändern“, so der US-Pastor.
Vierter Punkt der Perfektheits-Liste: Wenn alle sich Zeit nähmen für das, was in ihrem Leben wirklich wichtig ist – das Hören auf Gottes Wort. Hybels selbst schlägt 15 Minuten täglich vor, die mit Bibellesen und Beten verbracht werden sollten. Und schließlich fünftens: Wenn alle 12 000 Kongress-Teilnehmer davon überzeugt wären, dass jeder Mensch, dem sie begegnen, besser dran ist mit Jesus als Zentrum seines Lebens, und wenn sie diese Botschaft dann als Geschenk an alle weitergeben würden – dann wäre der Kongress ein perfekter Kongress, so Hybels, und erzählte einige Beispiele von Menschen, in deren gescheiterten Leben Gott eben nicht diesen zentralen Platz eingenommen habe. „Das größte Geschenk, das man Menschen machen kann: sie bekannt machen mit dem Gott, der sie unendlich liebt“, sagt Hybels.
Beispiele von gescheiterten Menschen
Zum Abschluss des Kongresses in Dortmund zogen die Veranstalter ein positives Fazit. „Auch nach mehr als zwei Jahrzehnten wächst die Arbeit weiter“, sagte der Geschäftsführer von Willow Creek Deutschland, Karl-Heinz Zimmer. Immer mehr Kirchengemeinden profitierten von den Ideen und Kontakten, die sie auf dem Leitungskongress erhielten. Hybels nannte die Veranstaltung den besten Kongress, den er in 25 Jahren in Deutschland erlebt habe.
32 Prozent der Kongressteilnehmer stammten nach Angaben der Veranstalter aus den evangelischen Landeskirchen. Die anderen kämen größtenteils aus den evangelischen Freikirchen. Rund 1500 Besucher seien unter 30 Jahre alt. Zu den Gästen zählte in diesem Jahr etwa die EKD-Synodenpräses Irmgard Schwaetzer. Melinda Gates von der Bill und Melinda Gates-Stiftung ließ sich in einem Video-Einspieler zuschalten, um für Verhütungskampagnen in Entwicklungsländern zu werben.