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Gesundheitsminister: Neue Epoche durch elektronische Patientenakte

Seit langem wird an der elektronischen Speicherung von Gesundheitsdaten herumgedoktert. Nun startet in Testregionen die elektronische Patientenakte. Ein Meilenstein – mit hohen Sicherheitsanforderungen.

Der Startschuss der elektronischen Patientenakte (ePA) ist für Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ein gesundheitspolitischer Meilenstein. “Der heutige Tag markiert eine neue Epoche der Digitalisierung des deutschen Gesundheitssystems”, sagte Lauterbach bei der Vorstellung am Mittwoch in Berlin.

Nach jahrzehntelanger Vorarbeit und Milliardenkosten startet die elektronische Patientenakte (ePA) in etwa 300 Testpraxen, Apotheken und Krankenhäusern in Hamburg, Franken und NRW als Pilotprojekt für einen Monat. Ab Mitte Februar sollen, wenn alle Sicherheitslücken geschlossen sind, 73 Millionen gesetzlich Versicherten ihre Daten in der Patientenakte speichern – falls sie nicht ausdrücklich widersprochen haben. Derzeit liege die Widerspruchsrate etwa bei fünf Prozent. Die Patientenakte mache den Patienten zum Herrn seiner Daten. “Der Patient wird ein sehr viel mündigerer Patient”, so Lauterbach.

Bislang sei es die Ausnahme, dass dem behandelnden Arzt alle bisherigen Untersuchungsbefunde vorlägen. Das mache die Behandlung schwieriger und schlechter, etwa bei Krebspatienten. Über die ePA gebe es künftig beispielsweise eine direkte digitale Übersicht über den Medikationsplan eines Patienten. Das verhindere Unverträglichkeiten und rette Leben, betonte Lauterbach.

Viel mehr Behandlungen könnten auch gemacht werden, ohne dass der Patient überhaupt in die Praxis kommen müsse. Das reduziere die rund eine Million Arztbesuche im Jahr deutlich und damit auch die anfallenden Kosten. Der Arzt habe künftig die Daten des Patienten vorliegen und könne etwa telemedizinisch ein Medikament auf Basis dieser Daten verschreiben und per eRezept ausstellen, erklärte Lauterbach. Die Daten würden zudem zur Forschung verwendet.

Die ePA soll die bisher an verschiedenen Orten wie Praxen und Krankenhäusern abgelegten Patientendaten digital zusammentragen und ein Ende der Zettelwirtschaft im Gesundheitswesen bringen. Notfalldaten, Röntgenbilder, Arztbriefe, Befunde und Medikationspläne, aber auch der Impfausweis, der Mutterpass, das Untersuchungsheft für Kinder können dann elektronisch archiviert und schnell abgerufen werden.

Zuletzt hatten Experten Zweifel an der Datensicherheit geäußert. “Die Sicherheit der ePA für alle hat für uns oberste Priorität”, betonte Lauterbach.

Ähnlich äußerte sich der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt. Die Akte müsse aber auch leicht zu handhaben sein und damit die Arbeit für alle Beteiligten einfacher machen. Dafür sei die Pilotphase da, so Reinhardt. Zugleich brauche es ein gewisses Grundvertrauen in das Projekt.

Die Präsidentin des Verbands medizinischer Fachberufe, Hannelore König, beklagte, dass die Patienten noch nicht ausreichend informiert seien. Viele Kassen hätten bis heute die Versicherten nicht eingebunden. Das bleibe an den medizinischen Fachangestellten hängen, auch sämtliche Fragen zu kleinsten Sicherheitsbedenken. “Wir brauchen verlässliche Antworten auf Sicherheitsfragen”, so König.