Das Potsdamer Rabbinerseminar Abraham-Geiger-Kolleg will die Auszahlung von Fördermitteln des Bundesinnenministeriums per Gericht durchsetzen. Ein Eilantrag des Kollegs dazu sei bereits am 19. März beim Berliner Verwaltungsgericht eingegangen, sagte ein Gerichtssprecher dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Montag. Das Rabbinerseminar wolle damit im Wege einer einstweiligen Anordnung erreichen, dass die beantragte institutionelle Förderung für das Jahr 2024 bewilligt wird. (AZ: VG 26 L 65/24)
Wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist, sei noch nicht konkret abzusehen, sagte der Gerichtssprecher. Zunächst hatte das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ berichtet, das Abraham-Geiger-Kolleg fordere vor dem Verwaltungsgericht die Auszahlung vormals eingeplanter Fördermittel des Bundesinnenministeriums. Vom Ministerium hieß es am Montag, es gebe zu laufenden Gerichtsverfahren grundsätzlich keine Stellungnahmen ab.
Der Anwalt des Kollegs, Wolfram Hertel, sagte dem epd, es gehe in dem Verfahren um insgesamt 388.000 Euro Bundesmittel für das laufende Jahr. Es handle sich um eine Verlängerung bisheriger Zuwendungen. Es habe keine förmliche Ablehnung des Förderantrags durch die staatlichen Hauptzuwendungsgeber gegeben, sondern nur ein Hinweisschreiben, dass die Rabbinerausbildung künftig über einen anderen Träger gefördert werden solle. Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts sei nicht vor Ende August zu erwarten.
Von der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, die seit Januar 2023 Trägerin der Ausbildungsstätte für Rabbinerinnen und Rabbiner ist, hieß es, alle Auflagen der bisherigen Zuwendungsgeber seien erfüllt worden. Dazu gehörten unter anderem geänderte Verwaltungs- und Kontrollmechanismen und neue Compliance-Regelungen mit einem unabhängigen Compliance-Beauftragten. Das Vorgehen des Bundesinnenministeriums und weiterer staatlicher Zuwendungsgeber sei nicht neutral und damit „verfassungsrechtlich inakzeptabel“.
Nach epd-Informationen hatte das Kolleg im laufenden Jahr neben den Mitteln des Bundesinnenministeriums Fördergelder in Höhe von 350.000 Euro von der Kultusministerkonferenz, 50.000 Euro vom Land Brandenburg und 525.000 Euro vom Zentralrat der Juden erwartet. Hintergrund des aktuellen Konflikts über die Fördermittel sind unter anderem unterschiedliche Auffassungen über tragfähige Strukturen für Ordinationen jüdischer Geistlicher.
Die Potsdamer Rabbinerausbildung war 2022 nach Vorwürfen unter anderem des Machtmissbrauchs auf Führungsebene in die Schlagzeilen geraten. Danach begannen verschiedene Anläufe zur Schaffung neuer Strukturen. Der Zentralrat der Juden möchte die Ausbildung in eine Stiftung überführen. Das Abraham-Geiger-Kolleg an der Universität Potsdam bildet seit 2001 Rabbiner der liberalen Strömung des Judentums aus, die ersten Absolventen wurden 2006 ordiniert. Die nächste Ordinationsfeier ist am 5. September in der Berliner Synagoge Rykestraße geplant.