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Gegen den “Krisenmodus”: Kirchen in NRW warnen vor Resignation

Leitende Vertreter der evangelischen Kirche und katholischen Bistümer in Nordrhein-Westfalen haben zum Jahreswechsel zu Zuversicht aufgerufen und mehr Zusammenhalt angemahnt. „Krieg in Europa, weiter kenternde Flüchtlingsboote im Mittelmeer, ein überhitzter Planet – Hiobsbotschaften wie diese ereilen uns quasi Tag für Tag und lassen uns oftmals überfordert zurück“, sagte Woelki am Silvesterabend im Kölner Dom. Das Gebot der Stunde müsse deshalb sein: „Zusammenstehen für eine menschenfreundliche, demokratische, nachhaltige, soziale, gerechte und solidarische Gesellschaft, in der vor allem rechtsextremistische Bestrebungen, wie sie heute bei uns wieder vermehrt feststellbar sind, keine Chance haben.“

Der Münsteraner Bischof Felix Genn warnte davor, sich durch Kriege in der Welt abstumpfen zu lassen. „Wir dürfen hier nicht nachlassen, darauf hinzuweisen, dass jeder Krieg Unrecht ist und Leben zerstört“, sagte der katholische Bischof in seiner Silvesterpredigt in der Sankt-Lamberti-Kirche. Die Menschen dürften sich nicht an Kriege wie in der Ukraine oder in Nahost gewöhnen.

Der Aachener Bischof Helmut Dieser mahnte ebenfalls, sich von negativen Nachrichten nicht überfluten zu lassen. „An den hard facts kann ich unmittelbar nichts ändern, wohl aber daran, was sie mit mir machen“, sagte Dieser in der Jahresschlussandacht im Aachener Dom laut Predigttext. Es ermutige dazu, vom Recht der Meinungsfreiheit Gebrauch zu machen, sich politisch gegen Radikalisierungen, gegen Extremisten und Populisten zu positionieren. Zudem könnten die Menschen im Gebet zu Gott Trost finden. Das Gebet mache auch Mut, auf Menschen zuzugehen, Leidenden beizustehen oder sich ehrenamtlich zu engagieren, betonte der Bischof.

„Es galt in 2023 und gilt in 2024: Katastrophen und Krisen können, sollen, dürfen uns um Himmels willen nicht lähmen und in Erstarrung bannen“, sagte der Theologische Vizepräsident der westfälischen Kirche, Ulf Schlüter, im Silvestergottesdienst in St. Reinoldi in Dortmund. Dazu gehören seiner Ansicht nach, den Blick vor allem auf die besseren Nachrichten des zu Ende gegangenen Jahres zu werfen, aber auch die Zuversicht in Gott. „Wir lassen uns nicht irre machen, auch nicht zur Krisenmodus-Zeit“, wandte sich Schlüter gegen „fatalistische Endzeit-Stimmung“ und „Prophetie des Untergangs“.

Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck verwies auf die Bedeutung von Veränderungen in der Kirche. Es gehe darum, „den dramatischen Umbruch, den wir zu bestehen haben, als einen solchen zu begreifen“, sagte er am Montag in seiner Neujahrspredigt im Essener Dom. Es dürfe nicht länger „an einer verklärten Art von ‘Volkskirche’“ festgehalten werden. So habe die Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung zuletzt gezeigt, dass die Zahl der Kirchenmitglieder und auch das Vertrauen in die Kirchen deutlich gesunken sei. „Ein einfaches ‘Weiter so!’ kann für uns keine Option sein“, machte der Bischof unter Hinweis auf die Missbrauchsskandale in der Kirche deutlich.

Der Diözesanadministrator des Erzbistums Paderborn, Michael Bredeck, rief zu einem Miteinander der Generationen auf. In der Begegnung von Jung und Alt, im Miteinander von Altem, Bewährtem sowie Jungem und Neuem stecke „viel Segen“, sagte Bredeck am Silvesterabend im Hohen Dom zu Paderborn. Ziel solle sein, das Beste vom Alten mitzunehmen in eine neue Zeit und dem Neuen zu trauen. „Dass sich die Alten von den Jungen inspirieren lassen und umgekehrt“, betonte der Theologe, der bis zum Amtsantritt des neuen Paderborner Erzbischofs Udo Markus Bentz im März die Erzdiözese kommissarisch leitet.