Einem Expertengutachten zufolge ist der Katastrophenschutz im Landkreis Ahrweiler zum Zeitpunkt der Flutkatastrophe im Juli 2021 schlecht organisiert und die Verantwortlichen den Herausforderungen nicht gewachsen gewesen. Unter anderem sei ein bestehendes Warnsystem (MoWas) nicht genutzt worden. Die Technische Einsatzleitung sei unterbesetzt und das Personal für ein solches Katastrophenereignis nicht ausgebildet gewesen. Konzepte und Abläufe für eine solche Katastrophe hätten gefehlt. Das teilte die Staatsanwaltschaft Koblenz am Dienstag mit Bezug auf ein Gutachten eines Sachverständigen mit.
Damit sei die Einsatzleitung nur eingeschränkt handlungsfähig gewesen. “Die anwesenden Personen haben alles gegeben – das Führungssystem ließ nur nicht mehr zu”, zitiert die Staatsanwaltschaft den Sachverständigen. Demnach hätte ein auf die Region abgestimmtes und entwickeltes Konzept für den Katastrophenfall die Chancen verbessert, Menschenleben zu retten. Dennoch ist laut der Untersuchung unklar, ob mit einer besser aufgestellten und geschulten Einsatzführung im konkreten Fall mehr Menschen gerettet und Schäden verhindert hätten werden können.
Am 14. und 15. Juli 2021 hatten verheerende Unwetter und Starkregen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen große Zerstörungen angerichtet. Mehr als 180 Menschen starben; davon 135 im Ahrtal. Tausende Häuser und weite Teile der Infrastruktur wurden zerstört und beschädigt. In Rheinland-Pfalz sind nach Angaben der Landesregierung rund 65.000 Menschen von der Naturkatastrophe betroffen, davon leben etwa 42.000 an der Ahr.
Das nun vorgelegte Gutachten spielt für die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Koblenz zu möglichem Versagen beim Schutz der Bevölkerung während der Flut an der Ahr eine Rolle. Die Behörde ermittelt seit mehr als zwei Jahren wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung gegen den damaligen Landrat des Kreises sowie gegen ein Mitglied der Technischen Einsatzleitung. Es geht um die Frage, ob die Beschuldigten Flutbetroffene besser hätten schützen können.