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Flüchtlingsrat verlangt Schutz von Jesiden

Zehn Jahre nach dem Völkermord an den Jesiden durch die islamistische Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) im Nordirak hat Niedersachsens Flüchtlingsrat die Landesregierung aufgefordert, die Abschiebungen aller Jesiden auszusetzen. Den Überlebenden des vom Bundestag anerkannten Völkermordes müsse Schutz geboten werden, erklärte der Flüchtlingsrat am Freitag. Am 3. August 2014 hatte der IS die jesidische Gemeinschaft im nordirakischen Sindschar überfallen und mindestens 5.000 Menschen ermordet. Rund 7.000 Frauen und Mädchen wurden Schätzungen zufolge verschleppt, etwa 2.000 von ihnen gelten bis heute als vermisst.

„Die Lage der Jesiden im Irak ist düster – und wird es absehbar bleiben“, urteilt der Flüchtlingsrat unter Berufung auf ein aktuelles Gutachten. In Sindschar kämpften staatliche und nichtstaatliche Akteure rücksichtslos um Macht und Einfluss.

Ungeachtet davon schließe Niedersachsen weiterhin nicht aus, volljährige männliche Jesiden abzuschieben. Zwar habe das Innenministerium in Hannover im Juni einen Abschiebungsstopp in den Irak verfügt, er beschränke sich jedoch auf weibliche und minderjährige Jesiden. Zudem ende der Abschiebungsstopp bereits am 2. September und könne lediglich einmal um weitere drei Monate verlängert werden.

Insgesamt leben rund 200.000 Jesidinnen und Jesiden in Deutschland. Weltweit bekennen sich mindestens 800.000 Menschen zum jesidischen Glauben. Sie zählen sich überwiegend zur Volksgruppe der Kurden. Traditionell ansässig ist die Gemeinschaft in der Sindschar-Region (kurdisch: Shingal) im Nordirak. Jesiden werden immer wieder verfolgt und diskriminiert. Fanatische Muslime sehen die Gemeinschaft als Sekte
und die Mitglieder als „Teufelsanbeter“ an, weil in der jesidischen Religion der „Engel Pfau“ (Melek Taus) eine bedeutende Rolle spielt. Im Koran wird die Figur als gefallener Engel bezeichnet.