Kein Essen, kein Alkohol, kein Sex: Zu verschiedenen Zeiten im Jahr fasten Christen, Juden und Muslime. Aber auch andere Religionen. Art und Dauer des Verzichts sind unterschiedlich. Ein Überblick.
Phasen der Enthaltsamkeit kennen die meisten Religionen. Am Aschermittwoch beginnt eine solche Phase für Christinnen und Christen: In den 40 Tagen bis Ostern essen manche keine Süßigkeiten oder verzichten auf Fleisch. Schon bald folgen muslimische Gläubige mit dem Ramadan, und auch eine kurze Zeit des Fastens von Jüdinnen und Juden ist nicht mehr lange hin.
Wenn nach Karneval am Aschermittwoch “alles vorbei” ist, beginnt für die Christen die 40-tägige Fastenzeit bis Ostern. Seit dem fünften Jahrhundert rückte während der Vorbereitung auf Ostern das Fasten in den Mittelpunkt. Da an Sonntagen nicht gefastet werden sollte, wurde der Beginn der Fastenzeit offenbar im sechsten oder siebten Jahrhundert vom sechsten Sonntag vor Ostern auf den vorhergehenden Mittwoch, den Aschermittwoch, vorverlegt.
Die Dauer der Fastenzeit leitet sich vom biblischen Bericht über eine 40-tägige Gebets- und Fastenzeit her, die Jesus nach seiner Taufe im Jordan auf sich nahm.
Traditionell verpflichtende Bußtage für Katholiken sind in der Regel alle Freitage sowie der Aschermittwoch. An den Bußtagen sollen sie wegen des Abstinenzgebots kein Fleisch essen, an Aschermittwoch und Karfreitag soll nur eine Hauptmahlzeit verzehrt werden.
Die vorösterliche Fastenzeit zielt aber auch auf eine Unterbrechung von Gewohnheiten. Deshalb organisieren kirchliche Organisationen auch Angebote wie Handy-, Computer- oder Autofasten. Aber auch in kirchenfernen Teilen der säkularisierten westlichen Gesellschaft ist die Fastentradition vor Ostern verblüffend beliebt. Viele erlegen sich den Verzicht auf Alkohol, Süßigkeiten oder andere Annehmlichkeiten des Konsumlebens auf.
Die Angehörigen der Ostkirchen befolgen vier Fastenzeiten im Kirchenjahr.
Mal mehr, mal weniger: Je nach Strömung innerhalb des Judentums wird der Verzicht unterschiedlich gehandhabt – oder auch gar nicht eingehalten. Jedenfalls gibt es mehrere Gelegenheiten zum Fasten.
Ein strenger Fast- und Ruhetag ist der höchste jüdische Feiertag Jom Kippur. Der Versöhnungstag gilt als ein Tag der Reue, Buße und Umkehr. In diesem Jahr fällt er auf den 11./12. Oktober. Ihm voraus geht das Neujahrsfest Rosch Haschana. Es erinnert an den Bund zwischen Gott und Israel und leitet die zehn Bußtage bis Jom Kippur ein.
Gefastet wird 25 Stunden lang, vom Start am Abend bis zum Ende am nächsten Abend. Den Vorschriften zufolge sind Essen und Trinken, Sex, Körperpflege und Luxusgegenstände verboten. Viele Jüdinnen und Juden kleiden sich in Weiß, auch in der Synagoge. In Israel kommt das öffentliche Leben zum Erliegen, und es gibt weder Radio- nach Fernsehprogramme. Der höchste Feiertag wird von der Mehrheit der Jüdinnen und Juden begangen.
Eine ebenfalls 25-stündige Fastenzeit gibt es an Tischa BeAv. An diesem Tag wird an die Zerstörung des Jerusalemer Tempels erinnert.
Darüber hinaus existieren kürzere Enthaltsamkeitszeiten beim Essen und Trinken – an diesen Tagen beginnt das Fasten mit dem Morgengrauen und endet mit dem “Sternenaufgang”. Etwa am Tag vor Purim – einem fröhlichen Fest, an dem sich Menschen kostümieren, Alkohol trinken, sich aber auch für wohltätige Zwecke engagieren. Purim beginnt in diesem Jahr am Abend des 23. März und endet am 24. März abends.
Das biblische Buch Esther berichtet von dem Judenfeind Haman, dass er alle Juden in Persien umbringen wollte. Esther konnte dies verhindern, und die Juden wurden dem Schutz des persischen Königs unterstellt, Haman und seine Gehilfen getötet. Bevor Esther den Rettungsversuch unternahm, fasteten sie und alle Juden. Im Gedenken daran wird der Fasttag vor Purim Fasten Esther genannt.
“Wer seinen Bauch hungrig hält, wird die Erhabenheit des Denkens erlangen”, soll der Prophet Mohammed gesagt haben. Das Fasten im Monat Ramadan (“Saum”) ist eine der fünf Säulen des Islam und damit religiöse Pflicht. Von Beginn der Morgendämmerung bis Sonnenuntergang sollen Musliminnen und Muslime auf Essen, Trinken, Rauchen und Geschlechtsverkehr verzichten. Mit dem “Iftar”, dem gemeinsamen Abendessen, wird das Fasten täglich beendet. Gegebenenfalls folgen spezielle Gebete (“Tarawih”) in den Moscheen.
Der Ramadan endet mit dem dreitägigen Fest des Fastenbrechens, arabisch ‘Id al-Fitr, im Türkischen ramazan bayram. Die Bräuche, etwa Geschenke für die Kinder und Besuche bei Verwandten, erinnern ein bisschen an das Weihnachtsfest.
Das im Koran erwähnte Fastengebot gilt ab der Religionsmündigkeit, meist mit etwa 14 Jahren. Kinder sind also vom Fasten ausgenommen, ebenso Alte, Kranke, Schwangere, stillende Mütter und Reisende. Das Fasten soll vermitteln, dass die Hingabe an Gott einen höheren Wert hat als die menschlichen Bedürfnisse. Der Ramadan ist auch der Monat der Nächstenliebe und der guten Taten. Er erinnert außerdem an die erste Offenbarung des Korans durch den Erzengel Gabriel an Mohammed. Daran wird in der sogenannten “Nacht der Bestimmung” gedacht, meist am 27. Ramadan.
Weil der Ramadan dem islamischen Mondjahr folgt, das etwa 11 Tage kürzer ist als das Sonnenjahr, wandert er durch die Jahreszeiten und fällt 2024 teilweise mit der christlichen Fastenzeit zusammen. Besonders in den heißen Sommermonaten ist der Verzicht auf Getränke oft eine Qual. Die wachsende Zahl der Muslime in nördlichen Ländern muss dann obendrein die lange Zeitspanne bis zum späten Sonnenuntergang durchhalten.
In islamischen Ländern tickt der Alltag während des Ramadan langsamer. Hierzulande gab es in den vergangenen Jahren öfter Diskussionen, wie sich das strenge Fasten mit dem Schul- und Arbeitsleben der Mehrheitsgesellschaft besser vereinbaren lässt. Kompromisse sind oft nicht einfach.
Auch die Buddhisten kennen mehrere Fastentage, darunter das Vesakh-Fest am ersten Vollmondtag im Mai oder Juni. Dann wird der Geburt, des Todes und der Erleuchtung Buddhas gedacht.