Nach dem Tod eines 21-jährigen Mannes in Oldenburg durch Polizeischüsse fordert der Frankfurter Kriminologe Tobias Singelnstein mehr Forschung zu rassistischen Strukturen innerhalb der Polizei. Solche Studien seien „auf jeden Fall“ nötig, sagte der Strafrechtsexperte der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ (Freitag). Zwar sei schon viel passiert, „aber die meisten Projekte fokussieren auf die Einstellungen der Beamten und nicht so sehr auf die institutionellen und strukturellen Probleme der Organisation“.
Der 21-jährige Lorenz A. wurde durch vier Schüsse eines Polizisten getötet, nachdem er zuvor Polizeibeamte mit Reizgas angegriffen haben soll. Drei Kugeln trafen ihn laut Obduktionsergebnis von hinten. Gegen den 27-jährigen Polizisten wird ermittelt, was in solchen Fällen üblich ist. Er wurde zudem vom Dienst suspendiert. Der Fall sorgte bundesweit für Aufsehen. Für Freitag haben Freunde und Angehörige des Getöteten eine Demonstration angekündigt.
Singelnstein sagte der Zeitung, der Kriminalitätsdiskurs in der gesamten Gesellschaft sei „rassifiziert“. „Rassifizierte Personen werden in ganz besonderer Weise als bedrohlich, als von Kriminalität belastet wahrgenommen, nicht nur von rechts, sondern auch aus der Mitte der Gesellschaft“, sagte er.
Dies sei ein Diskurs, der nicht spurlos an der Polizei vorbeigehe und von ihr mit geprägt werde. „Man kann nicht die ganze Zeit von ‘Clankriminalität’ und ‘Ausländerkriminalität’ sprechen und dann die Augen davor verschließen, dass das einen Einfluss auf die Beamten und Beamtinnen in ihrem dienstlichen Handeln hat“, betonte der Experte.