Die Kirche in Deutschland muss sich aus Sicht der Organisationsexpertin Friederike Erichsen-Wendt verändern, „oder sie wird von außen verändert werden“. Die jüngste Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung zeige einen so gravierenden Mitgliederschwund, dass die Stabilität der Kirche als Organisation langfristig in Frage stehe, sagte die Oberkirchenrätin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Mittwoch in Emden. Sie war Gastrednerin bei der Jahresversammlung der evangelisch-lutherischen Pastorinnen und Pastoren im Sprengel Ostfriesland-Ems, dem Generalkonvent.
Es klaffe eine Lücke zwischen dem, was die Menschen von der Kirchen erwarteten, und dem, was sie sich unter dem kirchlichen Alltag vorstellten, sagte Erichsen-Wendt. Die meisten Menschen hätten Zeitungsbilder von leeren Kirchenbänken vor Augen, wenn sie an Kirchen dächten. Sie wünschten sich aber eine lebendige Gemeinde, die ihren Interessen entspreche, wenn sie ein Bedürfnis nach kirchlicher Begleitung hätten. Darum gebe es noch die Chance, die notwendigen Änderungen selbst zu gestalten.
Das Meinungsforschungsinstitut Forsa hatte zwischen Oktober und Dezember 2022 bundesweit knapp 5.300 Menschen für die inzwischen sechste Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung nach ihrem Verhältnis zur Kirche befragt. Demnach wenden sich die Deutschen schneller von den beiden großen Kirchen ab als bislang erwartet. Wenn sich der aktuelle Trend der Austritte fortsetzt, könnten bereits in den 2040er-Jahren nur noch halb so viele Menschen einer Kirche angehören wie noch im Jahr 2017. Bisherige Prognosen hatten diese Entwicklung für das Jahr 2060 vorhergesehen.