Nach Einschätzung eines Experten ist der Rechtsextremismus auf dem Land in Ostdeutschland teilweise salonfähig geworden. “Vor 20 Jahren fühlten sich rechtsextrem gesinnte Menschen hier als Outlaw, jetzt fühlen sie sich als Mainstream”, sagte Peter Anhalt von der Nichtregierungsorganisation Violence Prevention Network (VPN) der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Der Theologe leitet bei dem Netzwerk den Fachbereich Rechtsextremismus in Berlin.
Dies sei auch für die Reintegration von straffällig gewordenen Rechtsextremen ein Problem, wenn sie aus der Haft zurückkehrten. Selbst wenn die Ausstiegshelfer einen Gesinnungswandel erreicht hätten, “kommen sie dann in ihr Dorf zurück, wo alle so sind”.
Viele Kinder wüchsen auf dem Land in völkischen Siedlungen auf und würden dadurch gezielt indoktriniert, sagte Anhalt. Rechtsextremismus verbinde sich hier mit Verschwörungsideologen und Reichsbürgern – “eine Melange von Menschen, die Demokratie nicht wollen und sich einig sind im Kampf gegen die freiheitliche Grundordnung.”
Dies sei seiner Einschätzung nach auch “ein Erbe der autoritären Erziehung in der DDR”, sagte Anhalt, der selbst in Mecklenburg aufgewachsen ist. “Diese wirkt nach.” Hinzu komme die grundsätzliche existenzielle Verunsicherung wegen Klimakrise und Kriegen. “Dies macht Angst und es werden einfache Antworten und Sündenböcke für die Verunsicherung gesucht.”
Rechtsextremismus nimmt in Deutschland laut einer aktuellen Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung allgemein zu. Der Anteil der Bürger mit einer solchen Orientierung liegt bei rund acht Prozent. Er hat sich damit im Vergleich zu den Vorjahren verdreifacht.