Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, Hamas-Terror: Hass und Hetze haben nach Einschätzung des bayerischen Justizministers Georg Eisenreich auch im Netz ein erschreckendes Ausmaß angenommen. Diesen Donnerstag sind das bayerische Landeskriminalamt und die Generalstaatsanwaltschaft München mit einer konzertierten Aktion gegen Hasskriminalität im Internet vorgegangen. Gegen 33 Beschuldigte im Alter von 17 bis 75 Jahren seien Gefährderansprachen, Vernehmungen sowie Durchsuchungsbeschlüsse erfolgt.
Bei den Tatverdächtigen handle es sich um 27 Männer und sechs Frauen, Schwerpunkt der Aktion mit zwölf Beschuldigten bildete München. Das Vorgehen war Teil eines europaweiten Aktionstags zur Bekämpfung von Hasskriminalität,. Man knüpfe damit direkt an den Aktionstag gegen Antisemitismus vom 21. November 2023 an. Anlass für die Durchsuchungen, Gefährderansprachen und Vernehmungen waren „in der Regel Postings volksverhetzender Texte auf verschiedenen Social-Media-Plattformen“, teilten die Behörden weiter mit.
Justizminister Eisenreich sagte, jeder vierte Internetnutzer in Deutschland sei laut Statistik allein im ersten Quartal dieses Jahres mit Hass und Hetze im Netz konfrontiert gewesen: „Hasskriminalität ist keine Bagatelle und wird in Bayern konsequent verfolgt.“ Bei Volksverhetzung drohten Ersttätern Geld-, im Wiederholungsfall aber auch Freiheitsstrafen. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) warnte, Hetze könne die Vorstufe zu einer weiteren gefährlichen Eskalation sein – andere ließen sich womöglich durch Hass-Postings „anstacheln“.
Der Präsident des bayerischen Landeskriminalamtes, Harald Pickert, sagte, wer die Grenzen des friedlichen Zusammenlebens im Netz überschreite, indem er dort beispielsweise antisemitische oder volksverhetzende Nachrichten formuliere, darf sich in der vermeintlichen Anonymität dort nicht geschützt fühlen: „Wir schauen nicht weg.“ Auch Reinhard Röttle von der Generalstaatsanwaltschaft München betonte: „Wir lassen bei der Bekämpfung von ‘Hate-Speech’ als einer der herausforderndsten Aufgaben unserer Zeit nicht nach.“
Am Donnerstag wurde auch das Modell „Justiz und Medien – konsequent gegen Hass“ um ein Jahr verlängert. Bei dem Projekt können Medienschaffende sich in einem einfachen Online-Meldeverfahren mit einer Prüfbitte an die Justiz wenden. Ermittler begutachten dann die gemeldeten Kommentare oder Postings und ermitteln im Bedarfsfall die Urheber. Bereits seit dem Jahr 2019 kooperiere das Justizministerium bei dem Projekt mit der Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) unter dem Motto „Erst anzeigen, dann löschen“.
BLM-Präsident Thorsten Schmiege sagte, man sei im aktuellen Nahost-Krieg mit verstörenden Bildern und Videos konfrontiert. Diese würden „zum Instrument für die Verbreitung von purem Hass“. Dagegen müsse man vorgehen. Seit Bestehen des Projekts bis 1. Dezember dieses Jahres wurden 999 Prüfbitten eingereicht. Daraus ergaben sich 831 Ermittlungsverfahren, die zu 209 Klageerhebungen und 141 rechtskräftigen Urteilen mit Geld- oder Freiheitsstrafen auf Bewährung geführt hätten. (00/4085/14.12.2023)