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Eine Woche nach Solingen: Debatte um Folgen und stilles Gedenken

Am Tag sieben nach dem Anschlag von Solingen debattiert der NRW-Landtag über Versäumnisse und künftige Maßnahmen. Zugleich wird weiter getrauert.

In Solingen wurde um die Opfer getrauert
In Solingen wurde um die Opfer getrauertImago / Nur Photo

Eine Woche nach dem islamistischen Anschlag in Solingen hat der nordrhein-westfälische Landtag in einer Sondersitzung über Konsequenzen und Versäumnisse diskutiert. Zuvor wurde mit einer Schweigeminute der Opfer gedacht. Am Abend sollte es um 21.37 Uhr, dem Zeitpunkt des blutigen Messerangriffs vom 23. August, ein stilles Gedenken am Anschlagsort geben. Für Sonntag sind eine Trauerfeier und eine Kranzniederlegung mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und dem Solinger Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) geplant.

Wüst forderte eine schärfere Migrations- und Sicherheitspolitik „zur Verteidigung unserer Freiheit“. Der „barbarische, menschenverachtende Terror“ von Solingen sei ein Wendepunkt, sagte der CDU-Politiker im Landtag. Er plädierte für Asylverfahren außerhalb Deutschlands und der EU, Rücknahmeabkommen mit den wichtigsten Herkunftsländern und mehr Abschiebungen auch nach Syrien und Afghanistan. Das Individualrecht auf Asyl müsse aber gewahrt werden. Respekt zollte der Regierungschef den Menschen, die sich nach der Bluttat als Erste um die Opfer kümmerten: „Wir verneigen uns vor ihnen.“

Solingen: Mehr Befugnisse für Polizei gefordert

Der Ministerpräsident forderte auch mehr Befugnisse für Polizei und Nachrichtendienste, nötig sei etwa eine „verfassungskonform ausgestaltete Vorratsdatenspeicherung“. Die Ampel-Koalition im Bund hatte bereits ein „Sicherheitspaket“ vorgestellt, das eine Verschärfung des Asylrechts, weitgehende Messerverbote und mehr Befugnisse der Sicherheitsbehörden bei Islamisten vorsieht.

Im NRW-Landtag fordert Ministerpräsident Hendrik Wüst eine schärfere Asylpolitik
Im NRW-Landtag fordert Ministerpräsident Hendrik Wüst eine schärfere AsylpolitikImago / Alexander Franz

Die Opposition im Düsseldorfer Landtag warf der schwarz-grünen Landesregierung Versäumnisse bei der Bekämpfung der illegalen Migration und der Abschiebung abgelehnter Asylbewerber vor. SPD-Fraktionschef Jochen Ott kritisierte, dass es nur einen einzigen Versuch gegeben habe, den als Asylbewerber nach Deutschland gekommenen mutmaßlichen Attentäter von Solingen nach Bulgarien zurückzuführen. Er forderte, die Zuständigkeit für Flüchtlinge vom Ministerium für Flucht und Integration abzuziehen und dem Innenministerium zuzuordnen.

Der Landtag will die Ereignisse und Versäumnisse in einem Untersuchungsausschuss aufarbeiten. Dabei solle es vor allem um die gescheiterte Abschiebung sowie die Motive und die Radikalisierung des tatverdächtigen Syrers gehen. Integrationsministerin Josefine Paul (Grüne) räumte „Lücken in der sicherheitspolitischen Architektur unseres Landes“ ein, daran werde nun mit Bund und Kommunen gearbeitet. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Henning Höne schlug vor, die Betreuung der Asylsuchenden zu zentralisieren und in die Verantwortung des Landes zu übertragen.

Kirche warnt vor Abschottung

Die Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Solingen, Ilka Werner, warnte davor, künftig nur auf Abschottung und die Ausweisung von Flüchtlingen zu setzen. Es sei weiterhin wichtig, als Gesellschaft eine Willkommenskultur zu leben, sagte die Theologin dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Stadtgesellschaft solle sich Zeit für Trauer und Gedenken geben.