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Die Macht des Helfens

Jetzt braucht es Menschen, die Zeichen der Menschlichkeit setzen – als Gegengewicht gegen das Entsetzen und die Unmenschlichkeit des Krieges

Der Krieg in der Ukraine ist ein gnadenloser Wahnsinn. Seit Wochen hängen wir an den Nachrichten und verstehen die Welt nicht mehr. Ein einzelner Mann, der vermutlich den Realitätssinn, vor allem aber jede Form von Menschlichkeit verloren hat, verbreitet Zerstörung und Tod – und wir sind dazu verdammt, diesem puren Willen zur Gewalt machtlos zuzusehen.

Aber das Entsetzen lähmt nicht nur. Es setzt auch Kräfte frei, die die andere Seite des Menschseins zeigen: Hilfsbereitschaft. Nächstenliebe. Herzensgüte. Auch das zeigen die Nachrichten: Überall werden Menschen aus der Ukraine mit offenen Armen aufgenommen. Inzwischen sind es Millionen, die fliehen – und doch lässt die Hilfsbereitschaft nicht nach.

Über 150 000 Menschen sind den offiziellen Zahlen nach auch in Deutschland angekommen – und auch hier engagieren sich Kirchengemeinden, Vereine, Schulen und zahlreiche Einzelpersonen. Sie organisieren Quartiere und Treffpunkte, sammeln Spenden, schicken Transporte mit Hilfsgütern auf den Weg oder stellen sich als Ansprechpartner für Behördengänge zur Verfügung.

Dieses Helfen tut gut – vor allem denen, die Hilfe bekommen, aber auch denen, die sie geben. Es schafft mitten in der eigenen Rat- und Machtlosigkeit das Gefühl, etwas Sinnvolles tun zu können. Vielleicht schwingt auch die Hoffnung mit, in einer ähnlichen Notlage ähnliche Großzügigkeit zu erfahren – jetzt, wo das vertraute Sicherheitsgefühl uns unter den Händen zerbröckelt, scheint dieser Gedanke nicht mehr so weit hergeholt wie noch vor vier Wochen.

Aber da ist noch etwas: So viel Hilfsbereitschaft, so viel Mitgefühl, so viel Herzlichkeit – es scheint, als wolle ein Teil der Welt dem russischen Diktator und seinen Helfershelfern zeigen, dass es ein Gegengewicht zu seiner kalten Unmenschlichkeit gibt. Wer hilft, stellt dem Bösen etwas Gutes entgegen und schickt damit ein Zeichen in die Welt: Die Logik der Gewalt lässt sich durchbrechen. Auch Mitmenschlichkeit ist eine Macht.

Damit das auch einen praktischen Nutzen hat, geht es jetzt darum, diese Hilfsbereitschaft so effizient und nachhaltig wie möglich zu gestalten. So haben Hilfsorganisationen in den vergangenen Tagen vermehrt darauf hingewiesen, dass Geldspenden deutlich sinnvoller sind als Sachspenden, weil Geld flexibler einsetzbar ist und keinen zusätzlichen Aufwand durch Transport und Lagerung erfordert. Wo allerdings ganz klar ist, was genau gebraucht wird, können auch Sachspenden hilfreich sein – etwa bei der Einrichtung neuer Notunterkünfte oder Verpflegungszentren. Hier veröffentlichen die verantwortlichen Organisationen häufig Listen mit konkreten Angaben. Auch auf den Internetseiten von Kommunen gibt es viele Informationen über aktuell nötige Hilfe.

Dietrich Bonhoeffer hat es in seinen „Glaubenssätzen über das Walten Gottes in der Geschichte“ geschrieben: „Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen.“ Solche Menschen werden jetzt gebraucht.