Artikel teilen:

Diakonie Hamburg unterstützt Klage gegen Bettelverbot im hvv

Die Diakonie Hamburg unterstützt die Klage der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) gegen das Bettelverbot im Hamburger Verkehrsverbund (hvv). Verbote lösten das Problem nicht, sagt der Pressesprecher des Diakonischen Werks Hamburg, Malte Habscheidt, im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die GFF mit Sitz in Berlin hatte am Mittwoch gemeinsam mit dem Hamburger Straßenmagazin „Hinz&Kunzt“ und zwei Betroffenen Klage beim Amtsgericht in Hamburg eingereicht. Seit vergangenem Jahr wird das Bettelverbot im hvv verstärkt kontrolliert. Eine Anfrage der Linksfraktion an den Senat ergab, dass allein im ersten Halbjahr 2024 insgesamt 1.319 Bußgelder wegen Bettelns und Musizierens in den Bahnen verhängt wurden.

epd: Warum unterstützt die Diakonie Hamburg die Klage gegen das Bettelverbot?

Malte Habscheidt: Wir finden es richtig, dass „Hinz&Kunzt“ und die Gesellschaft für Freiheitsrechte mit einem „Hinz&Kunzt“-Verkäufer das Bettelverbot im hvv gerichtlich prüfen lassen. Betteln ist in Deutschland nicht verboten. Es ist ein aus der Menschwürde herrührendes Grundrecht, auf seine Not aufmerksam zu machen und um Hilfe zu bitten. Nun ist die juristische Frage, ob ein öffentliches Unternehmen das Betteln verbieten darf. Ja, bettelnde Menschen konfrontieren uns direkt mit Armut, und das mag unangenehm sein. Aber Armut ist ein soziales Problem, das sozialpolitisch gelöst werden muss, nicht ordnungspolitisch.

epd: Wie sollten die Verkehrsbetriebe Ihrer Ansicht nach mit Menschen umgehen, die in den Verkehrsmitteln oder an Haltestellen betteln?

Habscheidt: Verbote und Verdrängung lösen das Problem nicht. Menschen, die kein Geld haben, können auch keine Bußgelder zahlen. Deshalb finden wir es falsch, gegen bettelnde Menschen ein Bußgeld von 40 Euro auszusprechen. Das führt zu Schulden, im schlimmsten Fall zu Erzwingungshaft. Das darf nicht sein. Dass der hvv im Sinne der Fahrgäste ein Auge auf sogenanntes aggressives Betteln hat, ist verständlich. Aber nur höflich nach Unterstützung zu fragen, sollte ohne Folgen bleiben. Hier wird die Klage für Klarheit sorgen.

epd: Was ist aus Sicht der Diakonie allgemein zu tun, damit Menschen gar nicht erst in die Situation kommen, im hvv oder anderenorts betteln zu müssen?

Habscheidt: Eine Stadt wie Hamburg wird es auch weiterhin aushalten müssen, wenn Menschen um eine milde Gabe bitten, ob in der Innenstadt oder auch in öffentlichen Verkehrsmitteln. Aber am wichtigsten ist, strukturell etwas gegen Armut und Obdachlosigkeit zu tun. Jeder fünfte Mensch in Hamburg ist von Armut bedroht. Es braucht eine armutsfeste Grundsicherung. Außerdem muss sichergestellt werden, dass alle Menschen ihren Rechtsanspruch auf existenzsichernde Leistungen geltend machen können.