Der 7. Oktober 2023 markiert für Jüdinnen und Juden in Hamburg und darüber hinaus eine Zäsur. „Verunsicherung sowie die Angst vor antisemitischen Übergriffen verbreiteten sich rasend schnell in den jüdischen Communities“, sagt Massud Reza, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Denkfabrik Schalom Aleikum des Zentralrats der Juden in Deutschland im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) anlässlich des ersten Jahrestags des Angriffs der Terrororganisation Hamas auf Israel am Montag. Die in Berlin ansässige Denkfabrik hatte vor Kurzem in Hamburg zu einem Podiumsgespräch eingeladen, dort sei wiederholt geäußert worden, „dass das Sicherheitsgefühl vieler Jüdinnen und Juden in Hamburg stark erschüttert wurde“, sagt Reza.
„Viele Jüdinnen und Juden in Hamburg sehen sich sowohl durch rechtsextremistische, linksextremistische und islamistische Gruppen bedroht“, sagt Reza. Dazu komme eine „erschreckende Empathielosigkeit und Gleichgültigkeit weiter Teile der Stadtgesellschaft und im persönlichen Umfeld“ gegenüber der von Verunsicherung geprägten Lebenssituation von Jüdinnen und Juden, die sich nach dem 7. Oktober 2023 ergeben habe.
Im Social-Media-Bereich würden antisemitischer Hass gegen Jüdinnen und Juden, aber auch rassistischer Hass gegenüber anderen Minderheiten wie Musliminnen und Muslimen insbesondere auf TikTok verbreitet, das habe das Podiumsgespräch deutlich gemacht, sagt Reza. Soziale Medien könnten zudem als Katalysator Radikalisierungen begünstigen.
„Zu Influencern, die sowohl analog als auch digital Hass und Hetze verbreiten, zählt beispielsweise das islamistische Netzwerk ‘Muslim Interaktiv’, das bereits vom Verfassungsschutz als ‘gesichert extremistisch’ eingestuft wurde und unter anderem in Hamburg aktiv ist“, sagt Reza. „Das Netzwerk kommt aus dem Umfeld der transnationalen islamistischen Bewegung Hizb ut-Tahrir.“ Diese Menschen „delegitimieren und dämonisieren den Staat Israel und sehnen sich nach einem islamischen Gottesstaat, in dem Demokratie und universelle Menschenrechte keine Geltung haben dürfen“, erklärt Reza. „Ihre Botschaften beziehen sich auf eine stark vereinfachende Darstellung des Nahostkonflikts.“ Verbreitet würden „emotionalisierende Inhalte, die besonders bei jungen Menschen verfangen können“.
Die Podiumsveranstaltung habe weiter deutlich gemacht, dass der interreligiöse Dialog in Hamburg durch die Folgen des 7. Oktobers sowie lokale Geschehnisse rund um die Schließung des „Islamischen Zentrums Hamburg“ (IZH) strapaziert sei. „Die Schließung des IZH war aber absolut richtig und überfällig“, betont Reza. „Als verlängerter Arm stand das IZH stellvertretend für das menschenverachtende Mullah-Regime.“