Der gewaltsame Tod von neun Menschen aus rassistischen Gründen vor fünf Jahren ist im hessischen Hanau unvergessen. Nun soll ein Mahnmal entstehen – und ein Zentrum für Demokratie und Vielfalt.
Es war eine Nachricht, die deutschlandweit und darüber hinaus für Entsetzen sorgte: Am 19. Februar 2020 erschoss der 43-jährige Tobias R. binnen weniger Minuten neun Menschen in Hanau – aus rassistischen Motiven. Anschließend tötete der Attentäter laut Ermittlern seine Mutter und nahm sich selbst das Leben. In der hessischen Stadt Hanau wird 2025 auch am fünften Jahrestag der Opfer des rassistischen Amoklaufs gedacht.
Die Stadt Hanau und das Land Hessen planen am 19. Februar eine Gedenkstunde für die Opfer. Unter dem Motto “Gemeinsam gedenken für Zusammenhalt und Zukunft” werden dabei Angehörige im Congress Park Hanau sprechen. Für die zentrale Rede wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erwartet.
Zuvor soll ein zentraler Gedenk-Gottesdienst am 16. Februar in der evangelischen Marienkirche stattfinden. Er wird von der Bischöfin Beate Hofmann und dem Dekan Martin Lückhoff sowie Pfarrer Werner Kahl und unter Beteiligung der Bildungsinitiative Ferhat Unvar angeboten.
“Wir vergessen Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtovic, Vili-Viorel Paun, Fatih Saracoglu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov niemals”, versicherte Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) immer wieder – etwa im November 2024. Damals wurde bekanntgegeben, dass die Stadt nun einen zentralen Ort des Gedenkens einrichten möchte.
Es wird aus den Namenszügen der Opfer bestehen, denn Hanau will sie nicht vergessen. Das künftige Mahnmal namens “Einschnitt” wurde von Opferangehörigen und Fraktionsvorsitzenden des Stadtrats 2022 unter 118 eingereichten Vorschlägen ausgewählt. Der Entwurf des Mahnmals stammt vom Künstler Heiko Hünnerkopf.
Das Modell zeigt ein turmartiges Werk – ein Halbrund, das in seinem Inneren betreten werden kann und durch eine Informationssäule ergänzt wird. “Die Besucher komplettieren das Gesamtensemble, die Namen der Opfer rücken in deren Bewusstsein, sie bleiben unvergessen, der Kreis schließt sich zu einer Gemeinschaft in Erinnerung an den Anschlag”, heißt es in der Beschreibung des Werks.
Der Kanaltorplatz in der Innenstadt liegt zwischen den Tatorten. Dort soll künftig die Stelle des Mahnmals den gesonderten Namen “Platz des 19. Februar” tragen. “Das Mahnmal wird dann vor dem Haus für Demokratie und Vielfalt stehen”, sagte Kaminsky im Herbst 2024.
Beim “Haus für Demokratie und Vielfalt” handelt es sich ebenfalls um ein Projekt in Reaktion auf den 19. Februar: Das ehemalige Commerzbank-Gebäude soll nach Angaben der Stadt ein Ort für alle werden, die für die Demokratie und eine vielfältige Gesellschaft einstehen wollen.
“Aus diesem Gebäude, in dem einst Konten eröffnet und Kreditverträge geschlossen wurden, wird ein Haus der Begegnung werden”, erklärte Bürgermeister Maximilian Bieri (SPD). “Es wird Veranstaltungen, Projekte und Workshops, Ausstellungen und Vorträge geben. Das Zentrum ist ein Haus von Hanau, für Hanau und wegen Hanau.”
Für das Jahr 2026 ist die Eröffnung geplant. Der offizielle Start für den Umbau des ehemaligen Bankhauses findet symbolisch am fünften Jahrestag des Attentats statt – am 19. Februar 2025. Zeitgleich mit der Eröffnung des neuen öffentlichen Gebäudes im kommenden Jahr soll auch das zentrale Mahnmal zum Gedenken eröffnet werden.
Bereits heute erinnern Gedenktafeln mit den Namen der Opfer an den jeweiligen Tatorten in der Innenstadt und in Hanau-Kesselstadt an die Getöteten. Außerdem wurde ihnen posthum die Ehrenplakette der Stadt Hanau in Gold verliehen.
Im Sommer 2024 entschuldigte sich Innenminister Roman Poseck (CDU) bei den Hinterbliebenen. “Für mich steht außer Frage, dass in der Tatnacht und danach Fehler gemacht wurden, auch seitens der Polizei”, sagt Poseck damals und fügt hinzu: “Mir tut es persönlich über alle Maßen leid, dass die Angehörigen weiteres Leid erfahren mussten. Ich entschuldige mich ausdrücklich für die Fehler, die passiert sind.”