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Chefankläger: Justiz muss rote Linien gegen antijüdische Hetze ziehen

Der niedersächsische Generalstaatsanwalt Frank Lüttig aus Celle hat Richter und Staatsanwälte aufgefordert, konsequenter gegen antisemitische Hetze einzuschreiten. „Da muss die Justiz klare rote Linien einziehen und sich nicht in akademischem Geplänkel verlieren“, sagte Lüttig der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ (Montag). Judenfeindliche und rechtsextreme Äußerungen würden heute sehr viel stärker artikuliert als früher. Lüttig ist gemeinsam mit seinen Kollegen aus Braunschweig und Oldenburg der ranghöchste Strafverfolger in Niedersachsen.

Lüttig kritisierte insbesondere, dass Teile der Justiz bei mehrdeutigen Aussagen von Rechtsextremisten oft die harmloseste Lesart annähmen und dann dazu neigten, Verfahren wegen Volksverhetzung nicht weiterzuverfolgen. Ein Beispiel sei der Slogan „Israel ist unser Unglück“, der von der rechtsextremen Partei „Die Rechte“ zur Europawahl 2019 plakatiert worden war. Der Spruch war von Gerichten in Hannover als legitime Kritik am Staat Israel bewertet worden, daher konnten die Ermittler keine Durchsuchungsbeschlüsse erwirken.

„Dabei ist jedem auch noch so schlichten Gemüt klar, dass ‘Israel ist unser Unglück“ nichts anderes bedeutet als ‘Die Juden sind unser Unglück’„, sagte Lüttig. Aus einem falschen Verständnis von Demokratie und Geschichte heraus werde allzu oft die Meinungsfreiheit über alles gestellt. Rechtsextreme und antisemitische Agitatoren nutzten das aus. Lüttig betonte: “Wer gezielt mehrdeutige Formulierungen einsetzt, um zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufzustacheln, soll sich nicht darauf berufen können, dass auch eine harmlose Auslegung in Betracht kommt.”