In der alten Mühle am Rande der Gemeinde Ganderkesee (Niedersachsen) herrscht Vorfreude auf die Ernte: „In rund zwei Wochen werden wir ernten können“, sagt Daniel Keune mit einem strahlenden Gesicht. Doch Keune und seine Mitstreiter bauen kein gewöhnliches Gemüse an, sondern Cannabis – und das völlig legal. Der Cannabis Social Club Ganderkesee e.V. ist der erste Club in Deutschland, der nach dem neuen Gesetz zugelassen wurde. Er darf die Droge anbauen und an seine Clubmitglieder verteilen.
Doch bis der erste Joint gedreht und die ersten Space-Cakes gebacken werden können, ist Geduld angesagt. Noch reifen die Cannabispflanzen in einer Halle an einem aus Sicherheitsgründen geheim gehaltenen Ort. „Wir haben bei der Landwirtschaftskammer eine erwartete Erntemenge von 74 Kilogramm angemeldet“, sagt Keune. Anschließend müssen die Pflanzen getrocknet und verpackt werden. „Dafür rechnen wir mit weiteren zwei Wochen.“ Erst dann darf die Droge ausschließlich an Clubmitglieder in gesicherten Räumen abgegeben werden.
Landwirtschaftskammer kontrolliert Cannabis-Club
Die Landwirtschaftskammer wacht darüber, dass alle Gesetze eingehalten werden. Die unangemeldeten Kontrollbesuche wird die Kammer den Clubs in Rechnung stellen. Bisher haben sich nach Angaben der Kammer niedersachsenweit 77 Vereine registrieren lassen, von denen 28 einen Antrag auf Zulassung einer Abgabestelle gestellt haben. Elf Clubs wurden bislang genehmigt. Sieben Clubs wurde die Zulassung verwehrt, weil die gesetzlichen Vorgaben nicht erfüllt waren.

„Die Regeln sind klar“, sagt Keune: „Der Club darf höchstens 500 Mitglieder aufnehmen, unsere Liste ist nahezu voll.“ 18- bis 21-Jährige dürfen bis zu 30 Gramm getrockneten Cannabis im Monat erhalten, dessen THC-Gehalt 10 Prozent nicht übersteigt. Das Tetrahydrocannabinol (THC) ist der berauschende Bestandteil der Pflanze. Wer älter als 21 Jahre ist, darf im Monat bis zu 50 Gramm vom Club beziehen. Laut Keune lassen sich mit einem Gramm Cannabis etwa drei Joints drehen.
In Ganderkesee werden zunächst vier unterschiedliche Cannabissorten mit unterschiedlichen THC-Gehalten und Wirkungen angeboten, erläutert Keune. Sie tragen schillernde Namen wie „Euphoria“, „Critical Kush“, „White Widow“ und „Royal Cookies“. Während die einen eher beruhigend wirken, putschen die anderen dagegen auf.
Club nutzt “Hanf-App”
Damit sich niemand mehr Cannabis erschleicht, als vom Gesetzgeber erlaubt, will der Club die „Hanf-App“ nutzen. Auf dem Handy sind dann die Personalien, die Clubzugehörigkeit aller bisherigen Käufe verzeichnet, sagt die Präventionsbeauftragte des Clubs, Isabell Logemann. Außerdem werde mit der App sichergestellt, dass niemand in mehreren Clubs gleichzeitig angemeldet ist. „Ohne App wir es bei uns nichts geben“, versichert Keune.
Die gelernte Gesundheits- und Krankenpflegerin Logemann erstellt als Präventionsbeauftragte Schutzkonzepte und pflegt die Zusammenarbeit mit den örtlichen Trägern der Suchtprävention. „Wir haben Kontakte zum Jugendamt und zur Fachstelle Sucht im Landkreis.“ Angedacht sei zudem die Zusammenarbeit mit einer Fahrschule, um den Schülerinnen und Schülern die Gefahren des Drogenkonsums zu erläutern. Derzeit erarbeite sie einen „Beipackzettel“ für die Clubmitglieder. Darauf werde unter anderem stehen, wo konsumiert werden darf und welche Regeln dabei einzuhalten sind.
Suchtexpertin warnt vor Folgen
Doch nicht alle sind von der Legalisierung der Droge begeistert. Die Suchtexpertin Angela Wenzel warnt vor den Folgen für Kinder und Jugendliche, für die Erwachsene Vorbilder sind: „Wenn Erwachsene diese Drogen legal konsumieren dürfen, werden die Gefahren des Konsums für jungen Menschen verharmlost. Von einer Vorbildfunktion Erwachsener kann dann nicht mehr die Rede sein“, sagte die Chefärztin der diakonischen Dietrich-Bonhoeffer-Klinik in Ahlhorn bei Oldenburg.