Wie kann die Migrationspolitik neu gestalten werden? Darüber beraten heute Bund, Länder und Unionsparteien gemeinsam in Berlin. Zuvor warnen Migrationsexperten vor falschen Entscheidungen.
Vor dem sogenannten Migrationsgipfel warnt Pro Asyl vor einer Gefährdung des Zusammenhalts in Europa. Die Bundesregierung dürfe keine Maßnahmen beschließen, die gegen Verfassung, Europarecht oder Völkerrecht verstießen, teilte die Menschenrechtsorganisation am Dienstag in Frankfurt mit. Am Nachmittag wollen in Berlin Vertreter von Bund, Ländern und Unionsparteien über Wege zur Eindämmung von irregulärer Migration beraten.
Bei dem Treffen solle sich die Politik aus Sicht von Pro Asyl auf Maßnahmen konzentrieren, die Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken sowie Islamismus oder Rechtsextremismus vorbeugen. “Forderungen nach Zurückweisungen an den deutschen Grenzen und der Bezug zu einer angeblichen Notlage sind nicht nur europarechtswidrig, sondern auch europapolitischer Sprengstoff”, erklärte Pro Asyl-Sprecherin Wiebke Judith mit Blick auf Vorschläge der Unionsparteien. Auch der Deutsche Landkreistag erhebe Forderungen, die europa- und völkerrechtswidrig seien.
In einem Positionspapier des Landkreistags heißt es, dass kein Staat gezwungen sei, “Flüchtlinge in einem Umfang aufzunehmen, der mit akuten Gefahren für das Funktionieren seiner Institutionen verbunden ist”, zitiert der “Spiegel”. Indizien hierfür könnten eine überforderte Verwaltung sowie fehlende Kapazitäten für Unterbringung oder Integration sein. Hier seien die Grenzen “in vielerlei Hinsicht erreicht oder schon überschritten”.
Die nach dem Anschlag von Solingen vorgestellten Maßnahmen der Ampel-Koalition könnten “nur ein erster Schritt” sein, so der Landkreistag. Deutschland müsse sich demnach auch einen nationalen Aufnahmestopp vorbehalten. Zudem fordert der Verband, “dass Asylanträge von Personen, deren Identität nicht durch Ausweisdokumente oder vergleichbare Unterlagen gesichert festgestellt werden kann, bereits als unzulässig abgelehnt werden können”.
Der Migrationsforscher Gerald Knaus warnte die Bundesregierung vor unüberlegten Schritten. “Das EU-Recht auszusetzen – das wäre eine Atombombe”, sagte er im ZDF. Wenn Deutschland sich nicht mehr an die europäischen Regeln halte, stehe es letztlich ohne Partner da. Dann sei auch keine regelkonforme Rücknahme von Migranten mehr möglich.