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Bischof nach Anschlag: Weihnachten ja, aber ohne “O du fröhliche”

Friedrich Kramer ist als evangelischer Bischof von Mitteldeutschland auch für Magdeburg zuständig, wo es einen Anschlag auf den Weihnachtsmarkt gab. Kramer äußert sich dazu, wie man nach der Tat Weihnachten feiern kann.

Nach dem Anschlag von Magdeburg bleibt die Weihnachtsbotschaft dem evangelischen Landesbischof von Mitteldeutschland zufolge unverändert. “Die Grundbotschaft bleibt”, sagte Friedrich Kramer am Sonntag dem Bayerischen Rundfunk in München. “Fürchte dich nicht, lass dich nicht verängstigen, verkrümm dich nicht, beantworte Hass nicht mit Hass, folg dem Weg dieses Kindes, das den Weg der Gewaltlosigkeit geht und das immer zur Liebe ruft, auch zur Liebe für den Feind.”

Der Landesbischof ergänzte: “Ich meine, dass in solch einer Situation so ein Satz fast unerträglich ist. Doch es zeigt ja, dass diese Botschaft eine Kraft hat, die Spiralen von Gewalt und Hass und Gegenhass und all diesen Dingen durchbrechen kann.” Deswegen sei er der Meinung, so Kramer weiter, dass es wichtig sei, Weihnachten zu feiern.

Auf die Frage, ob man nach dem Anschlag noch “O du fröhliche” im Weihnachtsgottesdienst anstimmen könne, antwortete Kramer: “Ich denke, dass in Magdeburg und auch bei uns hier in der mitteldeutschen Kirche das an vielen Stellen nicht getan wird. Wir haben einen reichen Liederschatz. Wir müssen nicht ‘O du fröhliche’ singen, wenn einem nicht danach zumute ist.”

Kramer fügte hinzu, es sei wichtig, mit seinem Schmerz nicht allein zu bleiben. Man solle die Gemeinschaft suchen. Das gelte gerade für die Ersthelfer. “Denn was die Helferinnen und Helfer da auf dem Weihnachtsmarkt gesehen und erlebt haben, das war für viele das Schlimmste, was sie im Leben bisher gesehen haben. Diese Bilder hast du im Kopf. Und da ist es nicht gut, allein zu bleiben, sondern da muss man drüber reden, man muss sich zusammensetzen, man muss ins Gespräch gehen, damit die Seele sich nicht in Angst und Wut verkrümmt.”

Auch solle man sich davor hüten, in Verurteilungen, Aggression und Hass umzuschlagen, so Kramer. Denn ein solches Verhalten verstelle die Trauer und bekomme schnell ein hässliches Gesicht.

Am Freitagabend war ein Mann mit einem Auto in den Weihnachtsmarkt der Magdeburger Altstadt gefahren. Bei dem Anschlag starben fünf Menschen, darunter ein Kind; über 200 wurden verletzt, viele schwer. Bei dem Mann handelt sich es sich um einen 50 Jahren alten, seit 2006 in Deutschland lebenden und in Sachsen-Anhalt arbeitenden Arzt aus Saudi-Arabien. Erste Spekulationen über mögliche islamistische Hintergründe der Tat werden inzwischen als unwahrscheinlich bezeichnet.