Der Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern, Tilman Jeremias, hat bei der zentralen Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus am Montag in Schwerin die Würde jedes einzelnen Menschen in den Mittelpunkt gestellt. In einer Andacht erinnerte er an das Schicksal von psychisch kranken und behinderten Menschen, die von den Nationalsozialisten zwangssterilisiert und ermordet wurden, wie die evangelische Nordkirche am Montag mitteilte. „Wir muten uns heute zu, erneut tief zu erschrecken, was Menschen einander anzutun fähig sind“, sagte Jeremias bei der Veranstaltung in der Kapelle der Helios-Klinik in Schwerin.
„Wir trauern um zahllose Menschen, die als lebensunwert aussortiert und erniedrigend und menschenunwürdig behandelt wurden. Die sterilisiert wurden, hungern mussten und ermordet wurden“, sagte der Bischof. Dies sei auch in Schwerin geschehen. Die „Heil- und Pflegeanstalt Sachsenberg-Lewenberg“ auf dem Gelände der heutigen Helios-Klinik sei „Teil dieser brutalen, unmenschlichen Maschinerie“ gewesen. Allein etwa 430 Kinder und Jugendliche seien dort an Mangelernährung, Übermedikation oder Injektionen gestorben. 1941 wurden 275 psychisch kranke Erwachsene von Schwerin aus in die Tötungsanstalt Bernburg transportiert und dort vergast.
„Die menschenverachtende, rassistische Nazi-Ideologie sah diese Menschen als Bedrohung an und sprach ihnen ihr Lebensrecht ab. Ärzte und Pflegerinnen, aber auch kirchliche und diakonische Träger machten sich zu Handlangern dieser Selektion der Schwächsten, ein unvorstellbares Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, so der Bischof weiter. Die Menschenwürde jedes einzelnen Menschen als Geschöpf Gottes gelte unabhängig von Leistungsfähigkeit und Gesundheitszustand. Jeremias: „Wir stehen für diese Würde jedes Menschen ein. Das Recht auf Leben ist nicht verhandelbar, nicht vor der Geburt, unter keinen Lebensumständen, nicht gegen Ende des Lebens.“