Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichtes und Vorsitzende der Beratenden Kommission NS-Raubkunst, Hans-Jürgen Papier, hat sich für ein Restitutionsgesetz für Kulturgut ausgesprochen, das den Besitzern im Zuge der NS-Verfolgung entzogen wurde. „Auch 25 Jahre nach der Verabschiedung der Washingtoner Prinzipien fehlt in Deutschland letztlich immer noch ein rechtlich verbindliches Regelwerk zu NS-Raubkunst“, kritisierte Papier in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin. Vielfach werde im In- und Ausland die Auffassung vertreten, in Deutschland gäbe es kein effizientes Verfahren der Restitution, wie es das Washingtoner Abkommen von 43 Staaten und 13 nichtstaatlichen Organisationen aus dem Jahr 1998 eigentlich erfordere.
Papier hält es nach eigenem Bekunden für „sehr wichtig“, die privaten Inhaber von NS-Raubgut mitzuerfassen. Dafür wäre der Erlass eines sehr umfassenden Restitutionsgesetzes notwendig. „Dann müsste man materiell-rechtliche Restitutionsansprüche im Gesetz formulieren, die festlegen, unter welchen Voraussetzungen private Institutionen oder Einzelpersonen verpflichtet werden können, NS-Raubkunst an die Nachkommen der ehemaligen Eigentümer herauszugeben“, sagte der Kommissionsvorsitzende.
Er halte es deshalb für unerlässlich, dass der Gesetzgeber Reformen für die Kommission in die Wege leite. „Man könnte auch erst einmal kleinere Reformen angehen, wie zum Beispiel die Möglichkeit der einseitigen Anrufung der Kommission durch die Nachkommen, die ein Herausgabebegehren gegen öffentliche Träger durchsetzen wollen.“ Außerdem fehle derzeit die Verbindlichkeit der Empfehlungen der Kommission, kritisierte Papier.
Papier räumte einem Restitutionsgesetz die Chance ein, die Kommission nachhaltig zu stärken. „Man könnte ihren Sachverstand und ihr Erfahrungswissen nutzen. Die Kommission wäre aber dann keine ausschließlich beratende mehr“, sagte der ehemalige Verfassungsrichter. Der Gesetzgeber könnte sich zum Beispiel entscheiden, die Kommission als Verwaltungsbehörde auszugestalten, die dann nach dem Amtsermittlungsprinzip entscheiden könnte, ob ein NS-verfolgter Entzug vorliegt.