Dürfen Jesidinnen und Jesiden abgeschoben werden? Über diese Frage gibt es eine Debatte. Dazu hat sich jetzt der Beauftragte der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit geäußert.
Der Beauftragte der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit, Frank Schwabe (SPD), sieht die Zukunft von Jesidinnen und Jesiden vor allem im Nordirak. “Wir müssen alles dafür tun und machen das als Bundesregierung politisch und mit vielen konkreten Projekten auch, dass die Jesiden vor allem eine Zukunft im Nordirak haben”, sagte Schwabe der “Rheinischen Post” (Donnerstag). Zugleich sprach er von “absurden Einzelfällen” bei der Frage von Abschiebungen von Jesidinnen und Jesiden. “Es ist auf der anderen Seite aber auch nicht die richtige Botschaft, einer ganzen Volksgruppe zu sagen, eure Zukunft ist generell in Deutschland.”
Auf die Frage, ob Angehörige der Minderheit im Nordirak ihre Religion frei ausüben könnten, sagte Schwabe: “Das ist unterschiedlich: Es gibt jesidische Dörfer im Nordirak, wo sie in ihre Gotteshäuser gehen und ihre Religion ausüben können. Aber es gibt gerade im Sindschar-Gebirge noch viele Orte, die sehr unsicher sind.” Dort lebten weiterhin Angehörige der Terrormiliz “Islamischer Staat” (IS), die zwar nicht mehr aktiv seien, aber vor zehn Jahren am Völkermord an den Jesidinnen und Jesiden beteiligt gewesen seien.
Von vielen damals verschleppten Frauen wisse man, dass sie in Gefangenenlagern in Syrien seien, in denen auch ehemalige IS-Kämpfer festgehalten würden, so Schwabe. Der Irak bemühe sich, aber die Umsetzung von Regelungen zu Schutz, Unterstützung und Entschädigung der jesidischen Gemeinschaft laufe schleppend. “Es gibt zwar Dokumentationszentren, die von Deutschland unterstützt und in denen die Gräueltaten aufgearbeitet werden. Es gibt auch Entschädigungsverfahren. Aber der Irak wird von unterschiedlichen Milizen beherrscht, der irakische Zentralstaat hat kaum Macht. Daher erfolgen Aufarbeitung und Entschädigung allenfalls rudimentär.”
Die Gesellschaft für bedrohte Völker kritisierte, dass es für Überlebende sowohl im Irak als auch in Deutschland keine Aussicht auf eine sichere Zukunft gebe. Die Menschenrechtler forderten Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) dazu auf, Jesidinnen und Jesiden in Deutschland dauerhaft Schutz zu gewähren und sie vor drohenden Abschiebungen zu bewahren.
“Die Anerkennung des Völkermordes wird zu einer beschämenden symbolischen Geste, wenn sie nicht mit dem Versprechen einhergeht, die Betroffenen in Zukunft vor lebensbedrohlichen Situationen zu bewahren und eine erneute Traumatisierung zu verhindern”, erklärte die zuständige Referentin Tabea Giesecke.