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Autorin: Juden und Muslime nicht gegeneinander ausspielen

Die jüdische Kinderbuchautorin Eva Lezzi wendet sich gegen Rhetoriken von Politikern, die “Abschiebungen im großen Stil” fordern. Dies sei in der jetzigen Situation kontraproduktiv, sagte erklärte Lezzi am Mittwoch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin. Zwar gebe es “einen von bestimmten muslimischen Gruppen ausgehenden Antisemitismus auf den Straßen hierzulande, der ist bedrohlich und muss strafrechtlich sanktioniert werden. Das steht außer Zweifel.”

Aber es gebe “auch einen politischen Diskurs, der etwas daraus schlägt, wogegen ich mich heftig wehre – nämlich ein gegeneinander Ausspielen von jüdischen und muslimischen Minderheiten und Positionen”, sagte die Autorin weiter. “Ich halte Diversität für wichtig und möchte eine Spaltung zwischen jüdisch und muslimisch nicht unterstützen. Im Gegenteil.”

Lezzis Mutter, die kurz nach dem 9. November 1938 drei Jahre alt wurde, konnte kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs mit einem Kindertransport aus Berlin nach Frankreich und später in die Schweiz fliehen. Eva Lezzi, die in New York geboren wurde und in Zürich aufwuchs, kehrte zum Studium nach Berlin zurück und wurde Germanistikdozentin und Kinderbuchautorin.

Die Fluchtgeschichte ihrer Mutter sei “mit ein Grund, warum ich als Jüdin sehr sensibel auf Antisemitismus reagiere, aber auch auf Rhetoriken, wie man über Geflüchtete spricht und mit ihnen umgeht – auch mit illegal ins Land gekommenen Geflüchteten”, sagte sie. “Auch meine Familiengeschichte ist eine Fluchtgeschichte. Und ohne das Gelingen der Flucht meiner Mutter säße ich jetzt nicht hier.”

Lezzi behandelt etwa den Nahostkonflikt in dem Jugendbuch “Die Jagd nach dem Kidduschbecher”, indem sie abwechselnd aus der Perspektive von zwei Berliner Freundinnen schreibt – einem jüdischen und einem muslimischen Mädchen. Wenn sie dieses Buch in Schulen lese, könne sie sich der Aufmerksamkeit vor allem seitens der muslimischen Schüler sicher sein, so Lezzi. “Sie sehen sich gespiegelt, hören sich aber auch die andere Seite an.” Hinzu komme, dass hierzulande in Schulen selten Bücher gelesen würden, in denen es um migrantisches Leben gehe. “Deshalb nehmen die muslimischen Schüler mich und meine Bücher mit Begeisterung auf.”

Sie selbst habe Familie in Israel und Freunde mit Familie in Gaza. “Es ist sehr schwer und emotional kaum auszuhalten, von so verschiedenen Seiten Informationen zu bekommen. Mein Anspruch ist dennoch, nach beiden Seiten hin offen zu bleiben”, sagte Lezzi.