Zu einer frühzeitigen Diagnose bei Alzheimer-Verdacht rät die Oberärztin am Münchner Institut für Schlaganfall- und Demenzforschung, Katharina Bürger. Wer an sich Symptome feststelle, die deutlich über eine Altersvergesslichkeit hinausführten und für Alltagsprobleme sorgten, „sollte zum Arzt gehen, um erstmal andere organische Ursachen auszuschließen“, sagte die Medizinerin im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Sofern sich die Diagnose Alzheimer bestätige, sei es wichtig, Dinge wie Vorsorgevollmacht oder Pflegegrad zu regeln. „Mir ist wichtig: Es gibt ein Leben nach der Diagnose“, sagte Bürger. Ein erfülltes Leben sei auch mit Alzheimer noch länger möglich.
Die ehrenamtliche Vorsitzende der Alzheimergesellschaft München e.V. betonte, dass ein geistig und körperlich aktiver Lebensstil wichtig sei, weil er den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen könne. Statt nur auf die Defizite zu schauen, sollten Betroffene und Angehörige die vorhandenen Möglichkeiten in den Blick nehmen: „Kann man aufs Tandem umsteigen? Neue Hobbys entdecken, wie Malen oder im Chor singen?“ Ein großer Wunsch vieler Patienten sei, weiterhin am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können.
Damit das gelinge, müssten Betroffene wie Angehörige die Diagnose akzeptieren und lernen, was sich dadurch an den geistigen Fähigkeiten des Patienten verändere. „Klar ist: Die Umwelt muss sich der Erkrankung anpassen, denn der Betroffene selbst kann nichts ändern“, erklärte die Ärztin. Ständige Vorwürfe führten zu Depression oder Aggression. Hilfreich sei es, wenn Angehörige ihr Verhalten mit Liebe und Humor immer wieder an die sich verändernde Situation anpassten. Zugleich müssten sie als „Fels in der Brandung“ auf sich und ihre Ressourcen achten. Beizeiten Hilfe anzunehmen, wenn körperliche Pflege nötig werde, sei nicht unehrenhaft: „Niemandem ist geholfen, wenn die Angehörigen selbst auf der Nase liegen.“
Derzeit seien in Deutschland rund 1,8 Millionen Menschen an Formen von Demenz wie Alzheimer erkrankt. Aufgrund der demografischen Entwicklung sei mit einem Anstieg der Zahlen zu rechnen. Als Problem bezeichnete Bürger die Versorgung der Kranken: „Wer soll das künftig angesichts des Pflegenotstands stemmen, und wer soll das angesichts der Lohnkostensteigerung noch bezahlen?“ Sie fürchte, dass immer mehr Pflegeaufgaben bei den Familien blieben, so die Ärztin. (00/2106/11.07.2024)