Dass im King David Garden alles koscher ist, dafür sorgt täglich Avraham Mastyukov. Der Mann mit dem langen grauen Bart und den freundlichen Augen ist in dem kleinen Hotel in einer Villa in Berlin-Wilmersdorf ein strenger Kontrolleur. Mastyukov ist der Koscheraufseher im Haus, hebräisch ein Maschgiach. Er ist der Garant dafür, dass orthodoxe Jüdinnen und Juden aus aller Welt hier komfortabel absteigen können.
Es gibt viel zu beachten in einer Beherbergungsstätte, die damit wirbt, Berlins einziges koscheres Hotel zu sein. Vielleicht auch das einzige bundesweit. Das geht bei umfangreichen jüdischen Speisevorschriften in Küche und Restaurant los, den sogenannten Kaschrut, und endet an den Zimmertüren, die am Sabbat nur mechanisch geöffnet werden dürfen. Überhaupt ist der reibungslose Ablauf eines Sabbats die Kür in der Organisation eines koscheren Hotels. Denn jegliches Bedienen elektrischer Geräte ist für gläubige Jüdinnen und Juden in dieser Zeit tabu.
Die Idee, dass Deutschlands Hauptstadt ein koscheres Hotel gebrauchen könnte, kam Ilan Oraizer vor einigen Jahren. Der Israeli kam vor 16 Jahren nach Berlin. Hier gründete der frühere Manager einer Baufirma zunächst ein Reiseunternehmen für israelische Touristen und baute in der Jüdischen Gemeinde Berlin eine Art Willkommensbüro für Israelis auf, die in die deutsche Hauptstadt zogen.
So kam Oraizer auch in Kontakt mit einem weiteren großen Player in der jüdischen Community Berlins, dem Jüdischen Bildungszentrum Chabad, heute Jüdische Gemeinde Chabad. Die 2007 von dem aus den USA stammenden Rabbiner Yehuda Teichtal gegründete Gemeinde ist ein wichtiger Anlaufpunkt für orthodoxe Jüdinnen und Juden in der deutschen Hauptstadt und liegt in der gleichen Straße wie das Hotel. Heute hat die Gemeinde nach eigenen Angaben in Berlin etwa 3.000 Mitglieder.
Viele orthodoxe Jüdinnen und Juden aus dem Ausland, die sich im King David Garden einmieten, sind dankbar für die orthodoxe Synagoge auf der anderen Straßenseite, berichtet Oraizer. Und umgekehrt: Gäste des weltweit aktiven orhodoxen Chabad-Netzwerkes freuen sich, bei Berlin-Besuchen ein geeignetes Hotel direkt vor der Haustür vorzufinden, in dem die religiösen Vorschriften nicht auf die Probe gestellt werden müssen.
Der Name King David Garden ist eine Reminiszenz an das berühmte King David Hotel in Jerusalem, eine der bekanntesten Nobelherbergen des Nahen Ostens. Das Berliner Exemplar ist zwar mit zehn Zimmern deutlich kleiner. Trotzdem wähnt sich der Besucher dank des opulent-verspielten nahöstlichen Interieurs in Speisesaal und Zimmern, den aus der Hotelküche ziehenden Gerüchen nach Kebab und Shakshuka und des üppig bewachsenen Gartens in schönster Frühlingssonne für einen Moment ein bisschen wie in Jerusalem.
„Vorher war in dem Haus unter anderem ein Bordell“, berichtet Gastgeber Ilan Oraizer grinsend. Bei der Übernahme des Gebäudes vor rund anderthalb Jahren hätten sie zudem auf dem Dachboden eine Mesusa gefunden, die auf eine jüdische Vorgeschichte früherer Bewohner der Villa hindeutet. Die länglichen Kapseln enthalten ein Pergamentstück aus der Tora und sind in jüdischen Haushalten am Türrahmen befestigt.
Für seine jüdisch-orthodoxen Gäste hält das Haus heute alles bereit, was die Schrift fordert. Fleisch und Wurst gibt es nur von geschächteten, ausgebluteten Tieren und kommt zumeist aus Polen. Milch- und Fleischprodukte werden in der kleinen Küche streng getrennt, Salat wird von dem israelischen Koch so lange gewaschen und gespült, bis sich garantiert kein Insekt, Käfer oder Wurm mehr darin versteckt.
Das alles wird von Avraham Mastyukov überwacht. „Die meisten koscheren Lebensmittel beziehen wir aus Frankreich oder Belgien, wo es einen großen Markt dafür gibt“, sagt er. Die Backwaren kommen aus Berlin, in Regalen stehen Flaschen mit Wein aus dem Karmelgebirge in Nordisrael. Für alle sichtbar hängt an prominenter Stelle im Restaurant ein Koscher-Zertifikat für das Haus, ausgestellt von Rabbiner Teichtal.