Der Jahresbericht der Abschiebebeobachterin am Flughafen Hamburg hat auch im vergangenen Jahr problematische Situationen hinsichtlich der Menschen- und Kinderrechte festgestellt. Das Flughafenforum Hamburg berichtet von Kindern, die Zeugen von Zwangsanwendung gegen ihre Eltern wurden und Menschen, die trotz Suizidversuch abgeschoben wurden, wie die Diakonie Hamburg als Träger des Projekts am Dienstag mitteilte. Die Diakonie beobachte mit Sorge, dass Migration zunehmend als Problem und nicht als Chance für die Gesellschaft dargestellt werde. Es sei zu befürchten, dass die im Koalitionsvertrag beschlossene „Rückführungsoffensive“ auf Kosten der Menschenrechte durchgesetzt werde, hieß es.
Bei 158 beobachteten Einzel- und 17 beobachteten Sammel-Abschiebungen am Hamburger Flughafen sei in 80 Fällen Verbesserungspotenzial und Klärungsbedarf festgestellt worden. Diese werden im Flughafenforum mit der Bundespolizei, den Landesbehörden aus Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern sowie zivilgesellschaftlichen Organisationen diskutiert. Insgesamt seien im vergangenen Jahr 1.045 Personen vom Flughafen Hamburg abgeschoben worden.
„In einem zunehmend rauen Klima ist Transparenz bei Abschiebungen essenziell. Die Würde jedes Einzelnen muss geachtet und vulnerable Gruppen besonders geschützt werden“, sagte Haiko Hörnicke, Leiter des Arbeitsbereichs Migration und Internationales der Diakonie Hamburg. Für Kinder würden Abschiebungen eine besonders große Belastung darstellen. Sie seien von nächtlichen Abholungen betroffen, würden Zeugen von Zwangsanwendung gegen ihre Eltern oder von Familienmitgliedern getrennt.
Dabei sei die UN-Kinderrechtskonvention in der Landesverfassung verankert. Sie garantiere den Schutz von Kindern und Jugendlichen. „Daher müssen nächtliche Abholungen, die Anwendung von Zwang gegen die Eltern und die Trennung von Familien gestoppt werden“, forderte Hörnicke. In einem Fall aus dem Jahresbericht wurde eine alleinerziehende Mutter mit fünf Kindern zwischen 12 und drei Jahren mit einem Festhaltegurt gefesselt, weil sie sich gegen die Abschiebung nach Spanien wehrte. Ihre Kinder reagieren mit lautem Schreien und Weinen, auch ihr elfjähriger Sohn sperrte sich und sei ins Flugzeug geschoben worden. Dies sei ein Fall von psychischer Gewalt, die Kinder im Vollzug erfahren würden, hieß es im Bericht.
Auch Menschen mit psychischen Belastungen und Erkrankungen sind laut Diakonie vulnerabel und müssen besonders geschützt werden. Es habe Fälle gegeben, in denen psychische Ausnahmesituationen als Simulation oder passiver Widerstand gewertet wurden. Zudem seien manche Menschen direkt nach Suizidversuchen unter Anwendung von Zwang abgeschoben worden. „Ein Mann hatte tiefe Schnitte, darüber trug er einen Verband und Fesseln. Die Wunden wurden am Flughafen versorgt – dann wurde er abgeschoben“, berichtete Merle Abel, Abschiebungsbeobachterin der Diakonie Hamburg. Die Diakonie kritisiert das Vorgehen als unverhältnismäßig. „Wir können nicht verantworten, dass die Menschen in so einer Situation im Zielland sich selbst überlassen werden“, sagte Hörnicke.