Der von der Landesregierung geplante „Erprobungsparagraf“ für Kindertagesstätten trifft auf Zustimmung und Widerspruch. Das Gesetz ermögliche es, neue Wege auszuprobieren und so mehr Kindern Zeit in der Kita zu ermöglichen, sagte Ralf Broß, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Städtetags Baden-Württemberg, am Donnerstag in Stuttgart. Unter dem „Erprobungsparagrafen“ leide die Qualität in den Kitas, monierte der Landesvorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg, Gerhard Brand, ebenfalls am Donnerstag in Stuttgart.
Der Städtetag begrüßt die Möglichkeit, von Regelungen des Kindertagesbetreuungsgesetzes und der Kindertagesstättenverordnung abzuweichen und innerhalb eines rechtssicheren Rahmens neue Modelle zu erproben. Aktuell fehlten bereits 58.000 Betreuungsplätze. Bis zum Jahr 2030 würden in Baden-Württemberg bis zu 41.000 neue Fachkräfte benötigt. Da es weder eine schnelle noch eine einfache Lösung gebe, um die Kindertagesbetreuung zukunftssicher zu gestalten, brauche es mehr Flexibilität im System.
Aufwendige Prüf- und Genehmigungsprozesse, so der Städtetag weiter, würden lähmen. Wenn vor Ort Einigkeit bestehe, dass ein gemeinsam entwickelter Weg begangen werden könne, solle keine übergeordnete Behörde „zum Nadelöhr werden“. Die Kita der Zukunft werde „vor Ort gedacht und gemacht“.
Brand begrüßte, „dass das Land einmalig bis zu 105 Millionen Euro für die Schaffung und den Erhalt von Betreuungsplätzen in die Hand nimmt“. Mit Blick auf die geflüchteten Kinder brauche es aber Mittel, die von den Institutionen zuverlässig abgerufen werden könnten. Die Investition dürfe nicht beim Schuleintritt enden, sondern müsse darüber hinaus gehen. Allein mit Geld ließen sich Probleme nicht lösen. „Das Land muss dafür Sorge tragen, dass mehr Personal für die Betreuung eingestellt wird.“
Der stellvertretende VBE-Landesvorsitzende Walter Beyer sieht es positiv, dass beim „Erprobungsparagrafen“ Kontrollinstanzen eingebaut würden. Ziel müsse aber sein, auch in Zukunft auf pädagogisch qualifizierte Fachkräfte zu setzen. Deshalb braucht es unbedingt bessere Arbeitsbedingungen in den Kitas, nur so blieben die pädagogischen Fachkräfte im Beruf. Eine Erhöhung der Gruppengröße in Ausnahmefällen sei hierbei „maximal kontraproduktiv“.
Der VBE fordert zur Entlastung der pädagogischen Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen den flächendeckenden Einsatz von Verwaltungs- und Hauswirtschaftskräften. (2503/19.10.2023)