HAMBURG – Das Ende der Frauenordination in der Evangelisch-Lutherischen Kirche Lettlands hat Enttäuschung und Protest hervorgerufen. Die Synode der Kirche beschloss in Riga auf Veranlassung von Erzbischof Janis Vanags die Abschaffung der Frauenordination, die dort 1975 eingeführt, aber schon seit 1993 nicht mehr praktiziert worden war.
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm. sagte, die größte Leidtragende dieses Beschlusses sei die lettische Kirche selbst, „weil sie sich eines großen Reichtums der Frauen mit ihren Erfahrungen beraubt“. Die EKD habe „wunderbare Erfahrungen“ mit Frauen im Pfarramt gemacht und wolle diese nicht mehr missen, sagte der bayerische Landesbischof.
Die Auslandsbischöfin der EKD, Petra Bosse-Huber, reagierte mit Unverständnis auf die Abschaffung der Frauenordination. Zwar sei der Beschluss der Synode, ein Verbot der Frauenordination in der Verfassung festzuschreiben, als Entscheidung dieser Kirche zu respektieren, erklärte die Vizepräsidentin des EKD-Kirchenamtes: „Gleichzeitig bin ich bestürzt darüber, dass eine Kirche, die Frauen ordiniert hat, dies wieder zurücknimmt.“
Die Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern schrieb zur Entscheidung der lettischen Lutheraner auf ihrer Facebook-Seite: „Das ist ja wohl die Höhe! Zurück ins Mittelalter oder was? Wo bleibt unser Proteststurm?“ Wilfried Hartmann, Präsident der Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), äußerte sich auf Facebook „traurig und enttäuscht“ über diese Entwicklung der Lutherischen Kirche in Lettland. „Beten wir dafür, dass Gott sie bald erkennen lässt, was sie da beschlossen haben.“
Der Direktor des Zentrums für Mission und Ökumene der Nordkirche, Klaus Schäfer, der mit einer Delegation der Nordkirche an der Synode in der lettischen Hauptstadt teilgenommen hatte, sagte: „Wir sehen diese Beschlussfassung außerordentlich kritisch – sie berührt die Grundlagen unserer Kirchenpartnerschaft.“ Die Beziehungen zwischen den Kirchenämtern und den Kirchenleitungen der Nordkirche und der lettischen Kirche seien vom Abbruch bedroht.
„Wenn Männer und Frauen nicht gleichermaßen die Sakramente verwalten und das Evangelium öffentlich verkünden können, wird die Gleichrangigkeit von Männern und Frauen in der Beziehung zu Christus bestritten“, heißt es in einem offiziellen Grußwort der Nordkirche an die lettische Synode. Das Papier durfte nicht verlesen werden, wurde aber laut Schäfer in Form von 300 Kopien an die Synodalen verteilt – auf Lettisch.
Die Evangelischen Frauen in Deutschland kritisierten das Votum der lettischen Synode ebenfall. „Wir sind entsetzt über diese Entscheidung, die aus unserer Sicht theologisch unhaltbar ist“, sagt die Vorsitzende Susanne Kahl-Passoth. Die Geschlechtergerechtigkeit gehört zum Kern der reformatorischen Botschaft. „Damit ist auch die gleichberechtigte Ordination von Frauen und Männern nicht aufgebbarer Bestandteil der reformatorischen Botschaft“, erläutert Angelika Weigt-Blätgen, stellvertretende Vorsitzende und leitende Pfarrerin der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen.
Auf Facebook rief die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern Pfarrerinnen dazu auf, als Zeichen der Solidarität Fotos von Pfarrerinnen im Talar zu posten. An der Aktion beteiligten sich Pfarrerinnen aus Deutschland, Belgien und Frankreich. epd/UK
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„Zurück ins Mittelalter, oder was?“
Die lutherische Kirche Lettlands hat die bereits 1975 eingeführte Frauenordination wieder abgeschafft. In deutschen Kirchen herrscht Unverständnis und Enttäuschung darüber
