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Zum Tod von Rudolf Weckerling: Mit Jesus unterwegs

Rudolf Weckerling setzte sich für die Erneuerung der Kirche ein. Er starb am 31. Januar Von Hartmut Ludwig

Von Hartmut LudwigIm Leitartikel der 1947 neuen Zeitschrift „Unterwegs“ schrieb Rudolf Weckerling in Anlehnung an die Geschichte der Emmaus Jünger (Lukas 24,13ff): Von Jesus „wollen wir uns die Augen für das Vergangene, für die drängenden Aufgaben der Gegenwart und für die Zukunft öffnen lassen“. Das Unterwegssein war das Leitmotiv seines Lebens und Wirkens.Rudolf Weckerling wuchs in einem weltoffenen Pfarrhaus auf. Er hatte aber keine Lust, Pfarrer zu werden, weil die Amtsbrüder des Vaters noch teilweise im Geist des 19. Jahrhunderts verharrten. Um sich mit Fragen des Glaubens zu befassen, studierte er von 1928 bis 1933 Theologie. 1933/34 war er Austauschstudent in London. Hier begegnete er Dietrich Bonhoeffer und Bischof George Bell. Unter ihrem Einfluss entschied er sich 1934 für den Pfarrerberuf in der Bekennenden Kirche und brach mit dem volkskirchlich privilegierten Pfarramt. Von 1934 bis 1941 war er illegaler Hilfsprediger der Bekennenden Kirche: mit einem neuen Amts- und Gemeindeverständnis, ohne festes Gehalt, der Willkür der Gestapo ausgeliefert, im Dezember 1938 aus Hessen ausgewiesen. Von Berlin aus ging er zurück, übertrat die Ausweisung, kam ins Gefängnis, vor ein Sondergericht und erhielt Berufsverbot. Von 1941 bis 1945 war er Soldat, denn auf Kriegsdienstverweigerung stand die Todesstrafe. Dass er als Nazigegner in der „falschen Uniform“ gekämpft hatte, belastete ihn später sehr. Umso konsequenter war seine Entscheidung gegen die deutsche Wiederbewaffnung und für die Friedensbewegung. Als Weckerling und seine Frau Helga im Juli 1945 nach Berlin zurückkehrten, wurden sie Gemeindepfarrer in Spandau. Da in der Kirche alles wieder so werden sollte wie 1933, störten die ehemaligen „Illegalen“ und wurden ungefragt legalisiert: „Auf diese Weise saßen wir nun alle im Boot der restaurativen Dibelius-Kirche“, schrieb Weckerling. Ein Kreis von etwa zwanzig Theologen und Theologinnen traf sich seit 1946 jeden Donnerstag zu gemeinsamer Bibel- und Predigtarbeit und zum Gespräch über Kirche und Gesellschaft. Der „Unter-wegskreis“, wie man sich 1947–1973 nannte, war „für uns so etwas wie eine lebendige Oase“. „Wir hatten so ein Gefühl: Wir sind noch einmal davongekommen. Wir dürfen noch einmal anfangen.“ Vom Unterwegskreis gingen Impulse aus, die von der Kirche erst viel später aufgenommen wurden: Erneuerung der Gemeinde, Ablehnung der Kindertaufe, ökumenische Existenz, Kirche und Israel, Sühne, Schuldbekenntnis und Versöhnung. Weckerlings Verständnis von pastoraler Existenz wandelte sich im Laufe seines Wirkens. Wie ein Vermächtnis formulierte er: Er hoffe, dass sich die Pfarrer noch mehr um die Sprache der Menschen bemühen, auf traditionelle Privilegien und den tief problematischen Beamtenstatus verzichten und für eine geschwisterliche Kirche der Menschen wirken. Dann könne man fröhlich singen: „Der Klerus steht nicht mehr dafür. Gott sei Lob, Ehr und Preis!“Rudolf Weckerling, Die sagenhafte Freiheit des geistlichen Standes verführt, in: Warum ich Pfarrer wurde, herausgegeben von Hartmut Walsdorff, Berlin 1985, Seiten 122–131; Unterwegs – 100 Jahre Rudolf Weckerling. Eine Festschrift, Freyja Eberding u.a. (Herausgeber), Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V., Berlin 2011. Der Dankgottesdienst findet am Sonntag, 23. Februar, um 14 Uhr in der St.-Annen-Kirche in Berlin-Dahlem statt.

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