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Zollpolitik – Expertin hält Verbraucher-Protestwelle für möglich

Mit kleinen Boykottaktionen drücken manche Verbraucher derzeit ihre Ablehnung gegen Donald Trumps Handelspolitik aus. Doch der Handel spürt keine große Veränderung – bislang.

Während Wirtschaftsexperten davor warnen, dass die Zölle von US-Präsident Donald Trump den Wohlstand in allen Ecken der Welt gefährden, reagieren hierzulande erste Verbraucher mit kleinen Protestaktionen. So soll man in dem ein oder anderen Supermarkt auf dem Kopf stehende Chipsdosen der US-amerikanischen Marke Pringles sehen oder umgedrehte Coca-Cola-Flaschen. Auf der Online-Plattform Reddit gibt es eine Gruppe mit mehr als 200.000 Mitgliedern aus verschiedenen Ländern, die sich “BuyFromEU” nennt: Die Nutzer tauschen sich darüber aus, wie man US-Produkte durch europäische ersetzen kann. Manche posten Bilder von ihren Einkäufen und schreiben dazu: “Das erste Mal: nur EU-Lebensmittel.”

“Es ist denkbar, dass das ein Trend wird”, sagte die Verhaltensökonomin Dorothea Kübler von der Technischen Universität (TU) Berlin der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Freitag. Das hänge davon ab, wie stark sich die Stimmung im Handelskrieg noch gegen die USA wende. Für eine Prognose sei es aber zu früh.

Laut Kübler haben solche Boykottaktionen allerdings nur dann eine spürbare Auswirkung auf die Wirtschaft, wenn sie konzertiert seien: “Erst dann setzt sie Unternehmen unter Druck.” Momentan zeige sich bei der Automarke Tesla, wie sich eine Abwendung vieler Verbraucher auf die Absatzzahlen auswirken könne.

Der Boykott von US-amerikanischen Produkten im Supermarkt sei jedenfalls eine niedrigschwellige Möglichkeit, die eigene “Missbilligung” gegenüber der Trump’schen Politik auszudrücken. “Es ist eine Abstimmung mit den Füßen, der Verbraucher kann sich dabei gut fühlen”, erklärte Kübler.

Allerdings seien Produkte aus den USA nicht immer leicht zu erkennen, so Jutta Roosen, Leiterin des Lehrstuhls für Marketing und Konsumforschung an der TU München. “Inzwischen haben wir riesige Multimarkenkonzerne, so dass gar nicht immer klar ist, ob ein Produkt aus der Schweiz oder den USA kommt”, sagte die Professorin der KNA.

Der Lebensmittelhändler Rewe erklärte auf Anfrage, dass es bislang “kein großes Aufkommen an Nachfragen” von Kunden zu diesem Thema gebe. Zudem habe die Kommunikationsabteilung auch keine Meldung über Protestaktionen aus einzelnen Märkten erreicht. Vom Discounter Lidl heißt es auf Anfrage ebenfalls, dass man derzeit kein verändertes Einkaufsverhalten bemerke. “Unsere Kunden fragen weiterhin alle Produkte quer durch das gesamte Sortiment nach”, sagte eine Sprecherin.

Laut Roosen haben Verbraucher in der Regel ihr eigenes “Marken-Ökosystem”. “Eine einzelne Marke – etwa Apple – da herauszuwerfen, ist eine weitreichende Entscheidung.” Für Konsumenten stelle sich deswegen die Frage, welche Alternativprodukte es gebe und worauf sie bei ihnen etwa in Sachen Preis und Convenience – also Bequemlichkeit und Zweckmäßigkeit – verzichten müssten. “Ich kann mir aber vorstellen, dass Hersteller, die in Europa produzieren, künftig stärker damit werben werden”, so Roosen.

US-Präsident Trump hatte jüngst ein umfassendes Zollpaket angekündigt, das zahlreiche Länder der Welt mit besonders hohen Zöllen trifft. Auf Einfuhren aus Deutschland sowie aus der gesamten Europäischen Union sollen künftig Zölle in Höhe von 20 Prozent anfallen. Olaf Scholz (SPD), geschäftsführender Bundeskanzler, bezeichnete die Zollpolitik der Trump-Regierung als einen “Anschlag auf eine Handelsordnung, die Wohlstand überall auf dem Globus geschaffen hat” und als “grundfalsch”.