Die Zersplitterung der Gemeinderatsmandate in Baden-Württemberg hat nach der jüngsten Kommunalwahl deutlich zugenommen. 42 Prozent der Kommunen berichteten, dass die Zahl der Gruppierungen und Fraktionen im Vergleich zur vorherigen Wahlperiode gewachsen sei, teilte der Städtetag am Montag in Stuttgart mit. Spitzenreiter seien Freiburg und Pforzheim mit je 17 Listen im Gemeinderat, es folgten Ulm mit 15 Listen sowie Stuttgart und Heidelberg mit je 14 Listen.
Grundlage der Zahlen ist eine Umfrage des Städtetags unter seinen 201 Mitgliedern. 43 der 100 antwortenden Kommunen gaben an, die Zahl der Listen habe sich nicht verändert, 15 berichteten von einem Rückgang.
Die Oberbürgermeister sehen die Entwicklung der Mitteilung zufolge kritisch. Die zunehmende Zersplitterung tue der Demokratie nicht gut und erschwere die Arbeit im Gremium. Wegen vieler Wortmeldungen verlängerten sich die Sitzungen, das mache dieses Ehrenamt deutlich unattraktiver. Der Städtetag wirbt deshalb für eine Reform des Auszählverfahrens, um kleineren Listen den Zugang in den Gemeinderat zu erschweren.
Auch die Landesregierung hatte sich nach der Wahl besorgt über die wachsende Zahl von Parteien und Listen in den kommunalen Parlamenten geäußert. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nannte den Trend ein „ernsthaftes Problem“. Es handele sich bei den „Sonstigen“ oft um Listen, die nur Einzelinteressen verträten und Ein-Punkte-Parteien seien. Bei dieser Zusammensetzung sei es kaum mehr möglich, einen kommunalen Haushalt aufzustellen.
Innenminister Thomas Strobl (CDU) befürchtet einen Verlust von Berechenbarkeit, Verlässlichkeit und Stabilität in zersplitterten Stadträten. Das habe auch Konsequenzen für die regionale Wirtschaft. „Zufallsmehrheiten machen unberechenbar – das halte ich für keine gute Entwicklung.“
Ein weiteres Ergebnis der Städtetag-Umfrage: Von den 100 Kommunen, die teilgenommen haben, teilten acht mit, dass sie künftig Gemeinderatsmitglieder haben, die jünger als 18 Jahre alt sind. (1406/24.06.2024)