Wie kann man mehr Erkenntnisse über Missbrauch gewinnen, wenn Taten nicht polizeilich gemeldet werden? Eine Möglichkeit sind regelmäßige Befragungen von Jugendlichen. Damit beginnt nun das Deutsche Jugendinstitut.
Das Deutsche Jugendinstitut wird erstmals bundesweit Jugendliche regelmäßig dazu befragen, ob und in welcher Form sie sexuelle Gewalt erfahren haben. Dazu soll ein neues Zentrum aufgebaut werden, wie die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, am Mittwoch mitteilte. Claus hatte das in München ansässige Institut damit beauftragt. Man erhoffe sich mehr Erkenntnisse über Missbrauch, um Taten besser zu verhindern.
Die bundesweite Befragung ist als sogenannte Dunkelfeldbefragung an Schulen geplant. Dort soll es Aufklärungs- und Informationsangebote zum Themenfeld sowie Hilfe- und Unterstützungsangebote für die Schüler und Schülerinnen, die Eltern und die schulischen Fachkräfte geben. Die Missbrauchsbeauftragte ist dazu nach eigenen Angaben in enger Abstimmung mit der Kultusministerkonferenz und den Kultusbehörden der Länder. Das Forschungsprojekt ist zunächst bis Oktober 2027 befristet.
Das polizeiliche “Hellfeld” der erfassten Delikte wird in der jährlich erscheinenden Polizeilichen Kriminalstatistik dargestellt. Sie verzeichnete für das Jahr 2023 rund 16.300 Fälle von Kindesmissbrauch und rund 45.000 Fälle von Missbrauchsdarstellungen.
Claus bezeichnete den Aufbau des Zentrums als Meilenstein. Seit über zehn Jahren werde kritisiert, dass es in Deutschland keine wissenschaftlich verlässlichen Zahlen zum Ausmaß sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen gebe. Diese brisante Wissenslücke werde durch das neue Forschungszentrum geschlossen werden. Die Erkenntnisse und Daten des Zentrums könnten dann ein zielgerichtetes Handeln der Politik ermöglichen.
Die Direktorin des Instituts, Sabine Walper, sagte, mit der empirischen Bestandsaufnahme solle zunächst geprüft werden, “wo wir stehen und welche Verbesserungen künftig nötig sind”. Die Trend-Daten eines längerfristigen Monitorings könnten dann zeigen, wie erfolgreich die bisherigen gesellschaftlichen Anstrengungen zur Prävention sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen gewesen seien.