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Terra X: ZDF-Doku über das Amazonas-Gebiet

Ein “Terra X”-Film im ZDF präsentiert Amazonien in all seiner Schönheit und Zerbrechlichkeit. Bildgewaltig, aber eher konventionell erzählt.

Dieser Schnurrbart-Tamarin scheint sich am Amazonas wohlzufühlen
Dieser Schnurrbart-Tamarin scheint sich am Amazonas wohlzufühlenZDF / Iris Gesang

Eine Doku über die Faszination Amazonien – originell ist die Themenwahl nicht. Immerhin lag etwa dem populären “Micky Maus Magazin” schon vor über 30 Jahren ein Sonderheft über “Tropische Regenwälder” bei, nur einer von unzähligen redaktionellen Beiträgen zur Materie aus den vergangenen Jahrzehnten.

Doch zeigt diese “Terra X”-Doku am Sonntag, 23. Juni, um 19.30 Uhr im ZDF eben auch, warum der Amazonas mit seinen menschlichen, tierischen und pflanzlichen Bewohnern ein solcher Dauerbrenner ist – und man anhand dessen einen so bildgewaltigen und überzeugenden Einblick in die (gefährdeten) Schönheiten unseres Planeten vermitteln kann: mit seiner Farbenpracht, der Fülle und Diversität von Pflanzen und Tieren, der Vielschichtigkeit seiner indigenen Kulturen. Wirkung und Opulenz der südamerikanischen Flora und Fauna frappieren stets aufs Neue. Was das sich hauptsächlich über Brasilien, Peru, Bolivien, Ecuador und Kolumbien erstreckende Gebiet zu einem hervorragenden Botschafter für Umweltthemen macht.

Terra X berichtet aus deutscher Perspektive

Denn die Bedrohungslage Amazoniens hat sich, der medialen Dauerbegleitung zum Trotz, bekanntermaßen deutlich verschärft. Was – Stichwort “grüne Lunge der Erde” – auch für den Rest des Planeten eine schlechte Nachricht ist. Der Film von Iris Gesang berichtet aus vier (vorrangig deutschen) Perspektiven.

Die Matipu machen sich Sorgen um ihre Zukunft in Amazonien
Die Matipu machen sich Sorgen um ihre Zukunft in AmazonienZDF / Iris Gesang

Da wäre einmal der “Ethno-Zahnmediziner” (!) Roland Garve, der zu einem mehrtägigen Trauerritual des Matipu-Volkes im oberen Xingu-Gebiet Brasiliens reist. Die Klimafolgenforscherin Anja Rammig, die nördlich von Manaus Bäume mit CO2 “düngt”, um die Auswirkungen der Klimakrise auf die Pflanzen prognostizieren zu können. Die Biologinnen Silvana Campello und Antje Müllner, die im Naturpark Cantao Riesenotter und Flussdelfine beobachten. Sowie die Forscher Eckhard Heymann und Sarina Thiel, die auf einer peruanischen Forschungsstation mit Tamarin-Affen und Fledermäusen die “Gärtner des Regenwaldes” untersuchen – also das Zusammenspiel zwischen Tieren und Pflanzen.

Amazonien: Matipu wollen Tradition bewahren

Dabei entstehen so bemerkenswerte wie interessante Impressionen: etwa vom farbenfrohen Kopf- und Körperschmuck der Matipu, denen es bislang gelingt, ihre Traditionen zu bewahren. Glücklicherweise bleibt es kein reiner Blick von außen, kommt hier auch ein Medizinstudent zu Wort, der ein “Grenzgänger” zwischen der indigenen und der Welt “der Weißen” ist, wie er es nennt. Er kleide sich entsprechend seiner jeweiligen Umgebung, zolle beiden Kulturen Respekt, erzählt er – und zeigt damit angesichts der oft so verkrampften Debatten um Identitätspolitik und Co. einen verblüffend einfachen Weg auf.

Ebenso im Gedächtnis bleiben wird das Bild dreier lachender Frauen, die begeistert die Köpfe zusammenstecken, um auf einem Drohnen-Monitor die Unterrichtseinheit einer Flußdelfin-Mutter und ihres Kalbs zu beobachten. Toll sind auch die Riesenotter mit ihren “periskopartig” aus dem Wasser fahrenden langen Hälsen – den einheimischen Mythos, wonach diese “halb Mensch, halb Tier” sein sollen, kann man durchaus nachvollziehen. Oder aber die Aufnahmen der Tamarin-Affen mit ihren unterschiedlichen Bärten und Frisuren, vom Baumwollkopf- bis zum Kaiserschnurrbart-Tamarin: Herrlich!

Doku behält Bedrohung im Blick

Filmemacherin Iris Gesang gelingt es, die Schönheit der südamerikanischen Flora und Fauna zu zeigen, dabei aber auch deren Bedrohungslage stets im Blick zu behalten. Ihre Doku ist konventionell und im bekannten Stil einer “Terra X”-Reportage erzählt; in Sachen Musikspur und Off-Kommentar teils ein wenig “mainstreamig”, erwartbar. Was angesichts der Fülle an Eindrücken, den starken Bildern von Kameramann Rasmus Sievers, interessanten Informationen und einer abwechslungsreichen Erzählweise aber nicht wirklich ins Gewicht fällt.

Ein gelungener Film über das so wichtige wie fragile Zusammenspiel der vielfältigen Kräfte auf diesem Planeten. Oder, um es mit dem Tropenökologen Heymann zu sagen, frei nach dem großen Naturforscher Alexander von Humboldt: “Alles ist mit allem verbunden”.

“Terra X: Amazonien. Expedition in den Regenwald”. ZDF, Sonntag, 23. Juni, um 19.30 Uhr. Mit Untertiteln für Hörgeschädigte.