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„Wir haben einen öffentlichen Auftrag“

Präsident Markus Meckel ist nach internen Streitigkeiten zurückgetreten. Sein Nachfolger hält den angefangenen Reformprozess zwar für notwendig. Dennoch ist unklar, wie es weitergeht

BERLIN/KASSEL – So etwas hat es beim Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge wohl noch nicht gegeben: Markus Meckel hat in Berlin mit seinem Rücktritt als Präsident des Verbandes einen Schlussstrich unter monatelange Querelen gezogen. Er kam damit einer Abwahl durch den Bundesvertretertag in Göttingen zuvor.

Nach dem Führungsstreit zwischen Meckel, seiner Generalsekretärin Daniela Schily und einigen Landesvorsitzenden erwarten Beobachter, dass der Traditionsverein auf seinem Weg zu einem zeitgemäßen Gedenken an die Kriegstoten einen Gang zurückschalten wird. Neuer Präsident ist zunächst Meckels ehemaliger Stellvertreter, Bundeswehrgeneral a.D. Wolfgang Schneiderhan. Der teilte allerdings mit, er wolle „keinen Zweifel daran lassen, dass der aktuelle Reformprozess für den Volksbund notwendig und wichtig ist“. Der Verband habe „eine gute Tradition, sich und seine Arbeit immer wieder auf den Prüfstand zu stellen“.
Markus Meckel – evangelischer Theologe, letzter DDR-Außenminister, langjähriger SPD-Bundestagsabgeordneter und Totalverweigerer des Militärdienstes in der DDR – war vor drei Jahren angetreten, um das verstaubte Image des Volksbundes aufzufrischen. Er versuchte, den Volksbund zu einem Akteur in der deutschen Erinnerungspolitik aufzubauen: „Wir sind kein Kleintierzüchterverein, wir haben einen öffentlichen Auftrag“, umschrieb der 64-Jährige jüngst sein Credo. Zu viele Mitarbeiter und Verantwortliche im Verband aber verweigerten ihm offenbar die Gefolgschaft.

Brüche innerhalb der Führungsebene

Spätestens mit der neuen Generalsekretärin Schily, die vor einem Jahr den Chefposten in der Kasseler Geschäftsstelle übernahm, wurden die Brüche innerhalb der Führungsebene sichtbar. Meckel warf Schily, Nichte des früheren Bundesinnenministers Otto Schily (SPD), Inkompetenz vor, sie ihm laut Medienberichten Einmischung in Verwaltungsabläufe. Das Präsidium überzog den Präsidenten mit aus seiner Sicht ehrverletzenden Vorwürfen, auch dies öffentlich. Über die Gründe kann nur spekuliert werden. Sicher ist: Meckel hat sein Amt und die damit verbundenen Kompetenzen ausgenutzt, er wollte nicht nur ein „Grüßaugust“ sein. Damit schränkte er die Gestaltungsmacht der Landesfürsten im Volksbund ein.
Und die ist nicht zu unterschätzen: Der Volksbund, dessen Hauptaufgabe immer noch die Pflege von deutschen Soldatenfriedhöfen im Ausland ist, verzeichnete im vergangenen Jahr Einnahmen von 50,4 Millionen Euro. Fast drei Viertel der Einnahmen stammen aus Spenden, Nachlässen und Sammlungen. Allerdings rechnet der Verband für die Zukunft mit sinkenden Einnahmen. Viele Spender stammen aus der Erlebnisgeneration, waren sogar Kriegsteilnehmer. Meckel, Sohn eines Wehrmachtsoffiziers, warb deshalb im politischen Berlin für eine dauerhafte öffentliche Finanzierung.
Angesichts der in die Jahre gekommenen Klientel ist es zumindest nachvollziehbar, wenn auch das von Meckel propagierte neue Leitbild für den Volksbund auf Widerstand gestoßen ist – und bislang noch nicht von allen Gremien verabschiedet wurde. Denn dort wird beispielsweise der Zweite Weltkrieg „als Angriffs- und rassistisch motivierter Vernichtungskrieg“ und „als ein vom nationalsozialistischen Deutschland verschuldetes Verbrechen“ bezeichnet.

Historischer Kontext wird oft nicht deutlich

Ein Pilotprojekt zur Verbesserung der Information auf mehr als 60 Friedhöfen im Ausland hat das Präsidium zunächst gestoppt. So erschließt sich für Besucher von Kriegsgräberstätten im Ausland bis heute oft nicht der historische Kontext, warum dort eigentlich deutsche Soldaten liegen.
Insgesamt betreut die 1919 gegründete Organisation aktuell 832 Kriegsgräberstätten in 45 Staaten mit etwa 2,7 Millionen Kriegstoten.