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Wie sich die Evangelische Gemeinde Beirut auf einen Krieg vorbereitet

Dem Libanon droht ein Krieg. Einige wollen oder müssen das Land verlassen. Wie geht die Deutsche Evangelische Gemeinde Beirut mit der Situation um?

Rauch steigt auf nach einem israelischen Luftangriff über Kfar Kila, einem Dorf im Südlibanon
Rauch steigt auf nach einem israelischen Luftangriff über Kfar Kila, einem Dorf im SüdlibanonImago / Xinhua

Heike Mardirian geht hier nicht weg. “Der Libanon ist meine Heimat”, sagt die 78-Jährige, die seit 1960 im Libanon lebt und seitjeher in der Deutschen Evangelischen Gemeinde Beirut aktiv ist. Durch ihre Eltern sei sie in den Libanon gekommen. Ihr Vater war bei der Lufthansa, Heike Mardirian sei “hängengeblieben”, wie sie sagt.

Die Rentnerin liebt das Land. Ja, die Libanesen seien anders als die Deutschen, aber liebenswürdig. Jahrelang hat Heike Mardirian bei der Deutschen Botschaft gearbeitet. Seit Renteneintritt ist sie Vorsitzende der 1856 von deutschen, französischen und Schweizer Kaufleuten gegründeten Kirchengemeinde.

Evangelische Gemeinde Beirut: Manche müssen das Land verlassen

Im Moment ist es ruhig in der Gemeinde, die etwa 110 Mitglieder zählt. Das liegt aber nicht oder nicht nur an der aktuellen Situation im Land, wie Heike Mardirian sagt. Wie jedes Jahr ist von Juli bis September Sommerpause. In dieser Zeit finden keine Gottesdienste, Kindertreffs und Ausflüge statt. Die Menschen machen Ferien, verreisen innerhalb der Region oder ins Ausland. Oftmals geht es nach Deutschland, wenn dort noch Verwandte oder Freunde wohnen.

Heike Mardirian (rechts) mit Enkeltochter (in Pfadfinder-Kleidung) beim Verkauf im Gemeinde-Laden
Heike Mardirian (rechts) mit Enkeltochter (in Pfadfinder-Kleidung) beim Verkauf im Gemeinde-LadenEvangelische Gemeinde zu Beirut

Obwohl die Gemeinde keine Zahlen darüber hat, weiß Heike Mardirian von einigen, die das Land verlassen. Manche hätten Angst bekommen, als es hieß, dass sich die Bundeswehr auf eine Evakuierung Deutscher im Libanon vorbereitet. Andere wollten zwar bleiben, könnten aber nicht. “Wer bei bestimmten Institutionen wie einer Botschaft beschäftigt ist, muss raus”, erklärt die Gemeindevorsitzende.

Heike Mardirian: Wer im Libanon lebt, ist “kriegserprobt”

Dem Libanon droht ein Krieg. Die Lage im Nahen Osten ist angespannt nach dem tödlichen Angriff auf den Hamas-Anführer Hanija in Teheran. Der Iran droht Israel mit Vergeltung. Die Lufthansa hat bereits Flüge in die Region gestrichen.

Wer im Libanon lebt, sei “kriegserprobt”, sagt Heike Mardirian mit ruhiger Stimme. “Als ich damals heiratete, sagte mein Vater zu mir: ‘Sei dir bewusst, dass du auf einem Pulverfass lebst!” “Er hatte nicht Unrecht”, so die engagierte Protestantin.

Und trotzdem ist Heike Mardirian geblieben, hat eine Familie gegründet. Einer der Söhne lebt in Deutschland, der andere mit seiner Familie im Libanon. Auch sie bleiben hier. Der Libanon ist ihr zu Hause.

Obwohl viele Libanesen etwa fürs Studium ins Ausland ziehen: “Die Meisten kommen wieder”, beobachtet Heike Mardirian. Auch in der jetzigen Situation gebe es durchaus Menschen, die in den Libanon zurückkommen.

Schutzräume und Depot: Gemeinde ist auf Krieg vorbereitet

Wie Heike Mardirian bleiben auch andere Frauen in dem krisengeplagten Land. Jeden Dienstag treffen sie sich in der Gemeinde – auch in der Sommerpause. Die meisten von ihnen sind Witwen, wie Heike Mardirian erzählt. “Wir können bei den Treffen über alles reden und uns neue Hoffnung schenken.” Obwohl alle “geübt” sind in Sachen Krisensituationen: Die Ungewiss bleibt. Und ein Stück weit auch Angst. “Mit dem Alter werde ich sorgenvoller”, meint die Rentnerin. Inzwischen versuche sie, keine Nachrichten mehr zu hören: “Das macht mich komplett irre”. Man würde ja in der Gemeinde miteinander sprechen, das würde ihr reichen.

Gottesdienste, Gesprächsabende und Frauentreff: Die Evangelische Gemeinde zu Beirut lebt Gemeinschaft
Gottesdienste, Gesprächsabende und Frauentreff: Die Evangelische Gemeinde zu Beirut lebt GemeinschaftEvangelische Gemeinde zu Beirut

Auf einen möglichen Krieg ist die Gemeinde vorbereitet. Es gibt Schutzräume und ein Depot. Im Keller der Gemeinde suchte 2006 auch die Nachbarschaft Zuflucht, wie Heike Mardirian berichtet. 2006 tobte der Libanonkrieg. Die Kämpfe zwischen der Hisbollah und Israel begannen am 12. Juli 2006 und gingen mit einem Waffenstillstand am 14. August 2006 vorläufig zu Ende. Auch zu Hause sei die Familie von Heike Mardirian mit Wasser und Essen ausgestattet.

Was Heike Mardirian und den Frauen in der Gemeinde helfe, sei der Glaube. Die Hoffnung und die Zuversicht auf Frieden. Nicht nur für den Libanon, sondern für die ganze Region.