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Wie Nele getröstet wurde

Religionspädagogen bemängeln oft die Sprachlosigkeit zum Thema Glaube. Ein unterhaltsames Büchlein hilft beim Thema Kirchenjahr – und dürfte zu manchem Gespräch anregen

Längst ist der Glaube keine Selbstverständlichkeit mehr, sondern muss teilweise wieder neu vermittelt und erlernt werden – auch in der Familie. Einen unterhaltsamen wie sachkundigen Beitrag dazu leistet das neue Buch von Uwe Metz „Weihnachtsmann, Osterhase… alles nur Schokolade?“.

Der evangelische Theologe erläutert entlang des Kirchenjahres die wichtigsten Eckpfeiler des christlichen Glaubens: die Geburt Jesu, die Passions- und Osterzeit, Pfingsten. Durch die wiederkehrenden Feste und Gedenkzeiten werde „die eigene Lebensgeschichte in Beziehung zur großen Geschichte Gottes gesetzt“, jeder Akt des Dramas habe seine eigene liturgische Farbe.
Nicht nur in der Fastenzeit – jener „heilsamen Unterbrechung im gleichförmig strömenden Alltag“ und Einladung zur innerlichen Neuausrichtung – gelte es, sich die Wachheit für Augenblicke zu bewahren, die über den Alltag hinausdeuten. Hier geschehe ein „Einschlag der Ewigkeit“, zitiert Metz den dänischen Philosophen Sören Kierkegaard.
Gerade Kinder seien empfänglich für diese „Kraft des Augenblicks“, schreibt Metz. Solche besonderen Momente fängt der Autor im ersten Teil jedes Kapitels um ein Kirchenfest ein, die mit Erlebnissen des elfjährigen Paul, seiner kleinen Schwester Nele und seinem Freund Serkan beginnen. Wohltuend ist, dass die kleinen Geschichten aus Pauls Leben, die sich auch zum Vorlesen gut eignen, nicht frömmlerisch oder mit der Glaubenskeule daherkommen. Sie sind im Alltag von Kindern verortet und auch mit einem Augenzwinkern geschrieben.
Im „Nele-Wunder“ zum Beispiel, mit dem das Pfingstkapitel beginnt, wird Pauls in der S-Bahn heftig brüllende kleine Schwester von einem singenden Ausländer besänftigt. Auch Pauls Mutter weiß nicht, in welcher Sprache ihm das gelungen ist – „aber Nele hat ihn verstanden“.
Im zweiten Teil jedes Kapitels erläutert Metz die Herkunft und Bedeutung des jeweiligen Festes oder Gedenktages. Und so erfahren auch die Erwachsenen Wissenswertes rund um das Thema Kirche und Glaube – jeweils auf wenigen Seiten, knapp und auf den Punkt gebracht. Etwa, dass das Wort „Sakrament“ Geheimnis bedeutet, dass Christus nicht der Nachname von Jesus, sondern ein Titel ist und der Begriff Kirche vom griechischen „kyriakon“ – das zum Herrn gehörende Haus – abstammt. Und auch, dass die Puppenspielfigur des Kasperle auf einen der Heiligen Drei Könige zurückgeht, dürfte den meisten neu sein.
Zwischendurch ist in Metz' Buch durchaus Platz für etwas Selbstkritik, etwa beim Thema Pfingsten. „Gottes Geist geht über Grenzen, während die Geschichte der Kirche oft vom Gegenteil berichtet“, heißt es da etwa. Und weiter: „Die scheinbare Sicherheit, die allzu feste Standpunkte und Strukturen versprechen, bedeutet, dass man sich nicht mehr zu öffnen braucht für das Wirken eben jenes Geistes, der die Kirche doch erfüllen soll.“
Ergänzt wird die evangelische Sicht auf das Kirchenjahr im Kapitel „Katholische Feiertage für Evangelische“, die der katholische Brauchtumsforscher Manfred Becker-Huberti beigesteuert hat. Er erklärt all jene Feste, die in der evangelischen Kirche nicht eigens gefeiert werden, wie Fronleichnam oder Allerheiligen.