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Wie ein Verein aus Niedersachsen Entwicklungshilfe leistet

In Göttingen gibt es den „Arbeitskreis Selbstbesteuerung“. Er fördert aus christlicher Motivation entwicklungspolitische Projekte. Was die Mitglieder bislang gesammelt haben, kann sich sehen lassen.

Die Mitglieder des "Arbeitskreis Selbstbesteuerung" entscheiden gemeinsam über die Verwendung der Steuergelder
Die Mitglieder des "Arbeitskreis Selbstbesteuerung" entscheiden gemeinsam über die Verwendung der SteuergelderHubert Jelinek

„Meine Großmutter hat christliche Nächstenliebe praktiziert, ihr Motto war: Einen Samen der Hoffnung säen“, sagt die Vorsitzende des „Arbeitskreises Selbstbesteuerung“ Göttingen, Miriam Kleyer. Ihre Großmutter Ingeborg hat diesen vor mehr als 30 Jahren gegründet. Mit Erfolg: Mehr als 700.000 Euro Spenden sind in diesem Projekt eingenommen worden, dadurch wurden 325 Selbsthilfeprojekte unterstützt.

Die Idee ist denkbar einfach: Die Mitglieder des Arbeitskreises überweisen jeden Monat einen bestimmten Betrag, meistens zwischen ein und drei Prozent des Einkommens. Daher der Begriff Selbstbesteuerung. Auf diese Weise hat der Verein verlässliche Einnahmen und kann besser planen.

Mitglieder entscheiden über Förderung

Zurzeit unterstützen knapp 70 Menschen aus Göttingen und Umgebung entwicklungspolitische Projekte vor allem in Afrika, Asien und Lateinamerika. Rund 25 000 Euro kommen jährlich zusammen, über deren Verwendung die Mitglieder des „Arbeitskreises Selbstbesteuerung“ selbst entscheiden. So kürzlich bei der Mitgliederversammlung in den Räumen der Reformierten Kirchengemeinde Göttingen.

Zwei Stunden wurde über Projekte diskutiert, die einen Förderantrag hatten. Drei Projekte bekamen in der Abstimmung dann den Zuschlag. Eine Schule in Tambala in Malawi bekommt 2000 Euro für den Einkauf von Laborgeräten und Büchern, 3000 Euro gehen an ein Zentrum in Kapstadt, wo Menschen aus einer Township Computerkurse besuchen können. 1400 Euro erhält der Verein „Lebendige Hoffnung Odessa“ für die Betreung von Kindern, die unter dem Krieg leiden.

Zurückgeben, was einem nicht zusteht

Hinter der Idee der Selbstbesteuerung steht die Überzeugung, dass die Industriestaaten durch ungleiche Wirtschaftsbeziehungen auf Kosten der Staaten im globalen Süden leben, indem sie zum Beispiel Rohstoffe billig beziehen und durch den Abbau zur Umweltzerstörung beitragen.

Durch die Zahlung eines Anteils vom eigenen Einkommen oder der Rente wollen die Mitglieder zurückgeben, was ihnen ihrer Meinung nach nicht zusteht. „Wir sprechen nicht mehr so oft von Selbstbesteuerung, denn dieser Begriff schreckt gerade jüngere Leute eher ab“, sagt Kleyer. Und gerade die werden vom Verein gesucht, schließlich sind viele Mitglieder im Rentenalter. Doch Kleyer ist optimistisch.

„Bei Gesprächen erlebe ich immer wieder, dass es bei jungen Leuten eine große Bereitschaft gibt sich zu engagieren“, sagt Kleyer. Das ist inzwischen auch per digitaler Teilnahme an den Versammlungen möglich. Viele von ihnen wollen allerdings genauer wissen, was mit ihrem Geld geschieht. Da ist der Verein im Vorteil, denn er hält enge persönliche Kontakte zu den einzelnen Projekten, um sicher zu sein, dass das Geld auch tatsächlich für den angegebenen Zweck eingesetzt wird.