Wem der Magen zwischen den Kniekehlen hängt, der greift eher zu ungesunden Lebensmitteln. Forscher der Universität Hamburg haben nun herausgefunden, warum das so ist.
Hungrige Menschen greifen im Supermarktregal häufiger zu ungesunden Lebensmitteln, weil ihnen der Geschmack in dem Moment wichtiger ist als gesundheitliche Aspekte. “Geschmack bekommt mehr Gewicht, Gesundheitsaspekte geraten aus dem Blickfeld”, bringt die Wissenschaftlerin Jennifer March aktuelle Studienergebnisse auf den Punkt. March ist Co-Autorin der Sudie, die die Forscher der Universität Hamburg nun in der Fachzeitschrift “eLife” veröffentlicht haben.
“Obwohl schon lange bekannt ist, dass hungrige Menschen häufiger zu ungesunden Lebensmitteln greifen, wollten wir die kognitiven Mechanismen, die diesem Phänomen zugrunde liegen, genauer verstehen”, erklärt March. Die Wissenschaftler haben dafür das Verhalten von 70 Erwachsenen aus Hamburg und Umgebung mithilfe von Verhaltensmessungen, Eye-Tracking und computergestützten Modellierungen untersucht und analysiert.
Jeder Teilnehmende durchlief demnach zwei Versuchsschleifen – einmal hungrig, einmal gesättigt. Ihnen wurden dabei jeweils zwei verschiedene Essen zur Auswahl angeboten: ein gesünderes, aber weniger schmackhafteres sowie ein ungesünderes, das laut Forschern schmackhafter war. Beide Varianten waren zudem mit dem Nutri-Score gekennzeichnet. Der Nutri-Score auf Lebensmittelverpackungen zeigt mithilfe von Ampelfarben und Buchstaben an, wie gesund und nährwertreich ein Lebensmittel ist.
Bei dem Experiment zeigte sich, dass die Studienteilnehmer schon im Normalzustand Essen bevorzugten, dass geschmacklich ansprechender präsentiert wurde. Im hungrigen Zustand sei dieser Effekt deutlich verstärkt worden. “Die Aufmerksamkeit wanderte eher zu den visuell und geschmacklich attraktiveren Optionen – während die Nährwertinformationen, etwa der Nutri-Score, seltener beachtet wurden”, heißt es in einer Mitteilung der Universität vom Donnerstag. Entscheidungen im hungrigen Zustand seien außerdem schneller getroffen worden.
“Unsere Daten zeigen, dass Hunger die Gewichtung von Informationen im Entscheidungsprozess verändert”, sagt March. Die Ergebnisse würden ferner nahelegen, dass einfache Maßnahmen wie Nährwertkennzeichnungen allein möglicherweise nicht ausreichen, um gesunde Essensentscheidungen zu fördern – vor allem nicht bei hungrigen Menschen. “Wer gesunde Entscheidungen fördern möchte, sollte das Entscheidungsverhalten unter realen Bedingungen – inklusive Hungergefühl – stärker in den Blick nehmen”, erklärt Sebastian Gluth, Co-Autor der Studie.