Die Zahl der antisemitischen Straf- und Gewalttaten in Bayern bleibt laut Staatsregierung auf einem hohen Niveau. Dies geht aus der Antwort des bayerischen Innenministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Landtagsfraktion hervor, die am Donnerstag in München bekannt wurde. Demnach wurden im vergangenen Jahr 579 antisemitische Straftaten im Freistaat registriert, kaum weniger als 2023 mit 589 Delikten. Ein deutlicher Anstieg sei nach dem Terrorüberfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 erfolgt, so die Grünen.
Mit 23 antisemitischen Gewalttaten ist auch diese Zahl im vergangenen Jahr gestiegen, im Jahr zuvor waren es erst 15 gewesen. Die schwerste Tat war das Attentat auf das israelische Generalkonsulat in München am 5. September 2024. Insgesamt 27 Menschen wurden Opfer antisemitischer Gewalttaten im Bereich Hasskriminalität.
321 der 579 Delikte (55 Prozent) stammen laut Innenministerium aus dem rechtsextremen Bereich, was ungefähr dem Vorjahresniveau entspricht. Mit 106 Straftaten stark gestiegen (2023: 52) ist die Zahl der Delikte, bei denen eine „ausländische Ideologie“ entscheidend war. Eine solche ist etwa der israelbezogene Antisemitismus, der laut Grünen seit dem Hamas-Überfall stark gestiegen ist.
66 der 579 Straftaten entsprangen einer religiösen Ideologie (2023: 124), waren also islamistisch motivierte Taten. Im Bereich „sonstige Zuordnung“ wurden 74 Straftaten registriert (2023: 65). Links motiviert waren 12 Straftaten (2023: 7).
Insgesamt konnten 426 Täter und Täterinnen ermittelt werden, was einer Aufklärungsquote von 62 Prozent entspricht. Im vergangenen Jahr waren 938 Verfahren bei bayerischen Staatsanwaltschaften anhängig. In 190 Fällen kam es zu einer Verurteilung, meist einer Geldstrafe.
13 Straftaten richteten sich gegen jüdische Einrichtungen oder Synagogen. Zudem ging es laut Grünen oft um die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen oder Volksverhetzung, aber auch um Sachbeschädigung und Diebstahl.
Das Innenministerium spricht von einem „weiterhin hohen Niveau“ bei den antisemitischen Delikten seit 2021, mit Ausnahme des Jahres 2022 (358 Straftaten). Die Grünen hinterfragen, warum nur 219 der 579 Straftaten (38 Prozent) als „extremistisch“ eingestuft wurden. In den Vorjahren waren es deutlich mehr (2023 und 2022: 45 Prozent, 2021: 79 Prozent, 2020: 88 Prozent). Dies werfe „grundlegende Fragen hinsichtlich der Einstufungspraxis auf“.
Auch die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) verzeichnete für Bayern einen starken Anstieg antisemitischer Vorfälle seit dem Hamas-Überfall am 7. Oktober 2023. Ihren Jahresbericht mit konkreten Zahlen veröffentlicht die RIAS voraussichtlich Ende April. (1247/10.04.2025)